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Landkreise und Opposition bezweifeln, dass durch Reform mehr Streifen unterwegs sind.

Stuttgart - Innenminister Gall will mit der Fusion von Polizeidirektionen erreichen, dass wieder mehr Polizisten auf Streife gehen können. Doch die Landkreise und die Landtagsoppositionen bezweifeln das.

Die Diskussion um die von Innenminister Reinhold Gall (SPD) geplante Polizeireform wird immer energischer. CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk und der innenpolitische Sprecher Thomas Blenke haben am Montag kritisiert, dass das Innenministerium trotz der Kritik von allen Seiten vollendete Tatsachen schaffe. Nachdem das Ministerium offenbar entschieden habe, dass unter anderem in Stuttgart, Karlsruhe, Heilbronn, Pforzheim, Reutlingen, Ulm, Offenburg und Freiburg Mammutbehörden entstehen sollen, sei die Richtung offensichtlich: „Die SPD hat ihr Zentralisierungskonzept durchgesetzt. Die großen Städte in Baden-Württemberg werden zu Polizeihochburgen. Damit werden die Polizisten in der Fläche abgezogen. Vor dieser Entwicklung haben wir lange gewarnt“, sagten Hauk und Blenke.

Die CDU reagierte damit auf einen Bericht unserer Zeitung, wonach im Innenministerium erste Vorentscheidungen gefallen sind, wie und wo aus den bisherigen 37 Polizeidirektionen künftig zwölf kreisübergreifende Polizeipräsidien werden sollen.

Kritik kam auch von der FDP. Der ehemalige Justizminister und jetzige innenpolitische Sprecher der Fraktion, Ulrich Goll, sagte, er sehe sich durch die ersten Festlegungen in seinen Befürchtungen bestätigt. „Das Innenministerium plant Mammutbehörden, die zu weit von den Menschen, den Kommunen und den Tatorten entfernt sind“, so Goll. Die FDP schlägt vor, die 37 Polizeidirektionen auf zwei statt auf ein Drittel zu reduzieren.

Calw, Pforzheim und Böblingen sollen fusionieren

Nach den bisherigen Plänen des Innenministeriums sollen unter anderem die Direktionen Calw, Pforzheim und Böblingen zu einem Präsidium fusioniert werden, der Dienstsitz soll Pforzheim sein. Dagegen gibt es heftige Widerstände in Böblingen. „Ein Präsidiumsstandort Pforzheim ist inakzeptabel“, heißt es in einem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss des Kreistags am Montag. Pforzheim habe weniger Straftaten und Verkehrsunfälle, zudem für ein Großpräsidium 30 Jahre ältere und überdies denkmalgeschützte Liegenschaften, heißt es.

Die beiden Polizeigewerkschaften sind sich uneins in der Bewertung. Für die Deutsche Polizeigewerkschaft im Beamtenbund ist die Größe der zwölf Präsidien „eindeutig überdimensioniert“, so Landesvorsitzender Joachim Lautensack. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) gibt sich aufgeschlossener: „Wir können nicht immer nur Nein sagen“, sagt Landeschef Rüdiger Seidenspinner. Von Personalräten ist zu hören: „Die Schließung von Polizeiposten 2004 war gravierender als der Umzug einer Führungsebene.“

Bei einem Spitzentreffen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Innenminister Reinhold Gall und dem Präsidenten des Landkreistags, Helmut Jahn, bekräftigte die Regierung, an den Reformplänen festzuhalten. Jahn erklärte auf Anfrage unserer Zeitung: „Den Landkreisen wurde versichert, dass an der Sicherheitsstruktur auf kommunaler Ebene nicht gerüttelt wird.“