Nach monatelangen, heftigen Debatten hat der Landtag in Stuttgart am Donnerstag die Polizeireform beschlossen. Die Opposition hält sie für zu teuer - die Regierung hingegen für unumgänglich. (Symbolfoto) Foto: dpa

Zu teuer und zu riskant? Die Opposition ist gegen die Polizeireform - die Regierung hingegen hält sie für unumgänglich. Nach monatelangen, heftigen Debatten hat der Landtag sie nun beschlossen.

Stuttgart - Die Polizeireform ist beschlossene Sache: Der Landtag stimmte den Plänen von Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Donnerstag in der letzten Sitzung vor der Sommerpause zu. CDU und FDP votierten gegen den Gesetzentwurf. Von Januar 2014 an sollen somit 24.200 Beamte und 5000 weitere Mitarbeiter der Polizei eine neue Struktur bekommen. Die Kosten werden auf 123 Millionen Euro in 15 Jahren veranschlagt. Die Opposition meint, dass die Reform weitaus mehr kosten wird und dass sie überdimensioniert sei. Die Regierung hält sie aber für nötig, um mehr Beamte für neue Aufgaben und für die Stärkung des Streifendienstes zu bekommen.

"Niemand braucht sie, niemand will sie"

CDU-Innenexperte Thomas Blenke kritisierte die Reform: „Niemand braucht sie, niemand will sie. Sie ist überdimensioniert und rechtlich viel zu riskant, viel zu teuer.“ Er befürchtet, dass sich Polizeibeamte vor Gericht erfolgreich gegen anstehende Versetzungen wehren könnten. FDP-Justizexperte Ulrich Goll sagte, der Aufwand für die Reform sei viel zu hoch - in finanzieller und auch in anderer Hinsicht. Die Polizei werde auf Jahre hinaus zu einem wesentlichen Teil mit sich selbst beschäftigt sein. Die Zeit gehe dann von den eigentlichen Aufgaben ab. „Überschaubare Vorteile (der Reform) werden durch offensichtliche Nachteile mehr als aufgewogen.“

Polizei selbst habe Reform gefordert

Grünen-Innenexperte Uli Sckerl erklärte, damit Baden-Württemberg auch künftig zu den sichersten Bundesländern zähle, sei die Reform nötig. SPD-Innenexperte Nikolaos Sakellariou erinnerte daran, dass die CDU-geführte Vorgängerregierung rund 1000 Polizeistellen gestrichen, aber die Organisationsstrukturen nicht angepasst habe. Die Polizei selbst habe daher eine Reform gefordert. Ähnlich argumentierte Minister Gall. Er kündigte an, dass nahezu alle von Versetzungen betroffenen Beschäftigten der Polizei am Dienstag erfahren sollen, wo sie künftig arbeiten werden.

Bei der Reform werden die vier Landespolizeidirektionen Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen mit 37 Polizeipräsidien und -direktionen zu zwölf regional zuständigen Polizeipräsidien verschmolzen. Hinzu kommen drei Sonderpräsidien wie etwa das Polizeipräsidium „Einsatz“ in Göppingen. Es steuert beispielsweise die Spezialeinheiten, die Polizeihubschrauberstaffel und die Wasserschutzpolizei. Die Polizeireviere vor Ort haben Bestandsschutz. Laut Ministerium werden durch die Reform rund 860 Mitarbeiter frei, die dann unter anderem den Streifendienst vor Ort stärken sollen.