Mehr Beamte an die Front – das war das Hauptziel der von Grün-Rot durchgesetzten Polizeireform. Aber zu welchem Preis? Foto: dpa

Wurden die Kosten der grün-roten Umwälzung bewusst zu niedrig angesetzt? Der Streit um die Wirtschaftlichkeit geht weiter.

Stuttgart - Die christdemokratische Landtagsfraktion lässt sich auch von den Berechnungen des mittlerweile CDU-geführten Innenministeriums nicht davon abbringen, die Polizeireform der vergangenen Legislaturperiode als ein Zuschussgeschäft zu betrachten. Zwar hat dieser Tage der Innenausschuss des Landtags die Zahlen des Ministeriums zur Kenntnis genommen, wonach die Neuordnung Personalstellen im Wert von 742 Millionen Euro frei werden lässt. Doch die Polizeiexperten der Fraktion trauen dem Frieden nicht: „Unsere Bedenken bleiben, ob die Reform wirklich so wirtschaftlich ist, wie behauptet“, sagt der Innenpolitiker Siegfried Lorek. Und der innenpolitische Sprecher Thomas Blenke ergänzt: Wir haben nach wie vor den Verdacht, dass die Kostenbewusst zu niedrig angesetzt wurden.“

Dieser Widerspruch ist deshalb pikant, weil das Haus von CDU-Innenminister Thomas Strobl im Grunde die Sichtweise dessen SPD-Vorgängers Reinhold Gall stützt, der stets von großen Synergieeffekten der Reform gesprochen hatte. Die Rechnung geht so, dass sich der Finanzbedarf bis zum Jahr 2018 auf 336 Millionen Euro beläuft – vor allem für den Bau neuer Dienstgebäude, aber auch für Umzug und Technik. Dem stellt das Innenministerium jedoch Einsparungen und Einnahmen durch den Verkauf von Fahrzeugen und Gebäuden in Höhe von 213 Millionen gegenüber. „Als Kosten für die Polizeireform blieben somit 123 Millionen Euro“, fasst der Vorsitzende des Innenausschusses, Karl Klein (CDU), zusammen.

Strobls zweite Rechnung

Doch dann macht das Innenministerium eine zweite Rechnung auf: Wäre die Reform nicht erfolgt und die Polizei unverändert geblieben, hätte man die zusätzlichen Stellen nur dadurch erhalten, wenn man den Personalbestand im Haushalt aufgestockt hätte – und zwar mit Kosten von 742 Millionen Euro bis zum Jahr 2028. Soll heißen: Unter dem Strich ist die Reform einträglich.

Dem vermag der CDU-Abgeordnete Lorek nicht zu folgen. Wie viele Stellen die Reform tatsächlich frei mache, lasse sich doch jetzt noch gar nicht beziffern, hält er dagegen. Erst nach der geplanten Evaluierung der Reform in einigen Monaten könne man dazu Genaueres sagen. Außerdem seien die Kosten für die Baumaßnahmen noch sehr vage, sie könnten im Lauf der nächsten Jahre deutlich steigen. Die Zweifel also bleiben.

Die SPD frohlockt

Die SPD darf sich von den Erläuterungen des CDU-geführten Ministeriums allerdings bestätigt sehen. Schon eine erste Evaluierung der Polizeireform vom Januar dieses Jahres durch den Verwaltungswissenschaftler Joachim Jens Hesse hatte „eine Reihe zweifelsfrei positiver Ergebnisse und entsprechender Wirkungen“ identifiziert. Allerdings gab Hesse auch zu bedenken, dass derart komplexe Reformvorhaben wie eine Polizeireform über längere Zeit beobachtet werden müssten, um deren Wirkung belastbar beurteilen zu können. Im Oktober soll nun der zweite Test beginnen, und zwar erheblich umfangreicher als bisher.