Klares Signal: Mancher in der Polizei würde die bevorstehende Reform gerne stoppen. Foto: dpa

In zwei Wochen soll die landesweite Polizeireform in Kraft treten. Innenminister Gall hält an dem Projekt fest, auch wenn sich der juristische Ärger um die Besetzung von Chefposten zieht.

Stuttgart - Im Streit um die Umsetzung der Polizeireform und der Berufung von leitenden Beamten als künftige Polizeipräsidenten zeichnet ich eine Hängepartie ab. Der Grund: Der juristische Streit zwischen dem Innenministerium und Joachim Lautensack, Landeschef der deutschen Polizeigewerkschaft, könnte sich bis ins nächste Jahr hinziehen. „Wir sind zwar bestrebt, die Sache zügig zu klären, aber der Fall ist noch nicht entscheidungsreif“, sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Karlsruhe am Montagabend den Stuttgarter Nachrichten. Noch würden Unterlagen fehlen, zudem müsse man Betroffenen „die Möglichkeit der Stellungnahme einräumen“. Es sei deshalb „völlig offen“, ob die Angelegenheit noch in dieser Woche entschieden wird. Die Konsequenz könnte sein, dass einige der Polizeipräsidenten, die zum 1. Januar 2014 ihr Amt antreten sollen, erst einmal nur kommissarisch im Amt sind.

Lautensack hatte vergangene Woche für einen Paukenschlag gesorgt, als bekannt wurde, dass er gegen das Land klagt. Der Spitzenbeamte hatte zuvor wiederholt die Pläne von Innenminister Reinhold Gall (SPD) scharf kritisiert, die vier Landespolizeidirektionen und 37 Polizeidirektionen zu zwölf Großpräsidien zusammenzulegen. Dann aber hatte sich Lautensack selbst für mehrere Leitungspositionen beworben. Das Innenministerium lehnte ihn jedoch ab. Lautensack und der Beamtenbund glauben, dass Grün-Rot bei der Besetzung der Präsidentenposten nicht nach der Bestenauslese vorging, sondern es sich um eine Belohnungsaktion handelte. Sollte das Verwaltungsgericht einen Fehler bei der Vergabe der Leitungspositionen finden, „fällt das ganze Verfahren in sich zusammen“, so Beamtenbundchef Volker Stich, dann drohe die gesamte Reform zu scheitern. Sowohl das Land als auch Lautensack können nach der Entscheidung der Karlsruher Richter in Berufung vor den Verwaltungsgerichtshof ziehen. Damit droht weiterer Zeitverzug.

Stellungnahme nach Karlsruhe geschickt

Beim Innenministerium ist man aber siegessicher. „Wir sind überzeugt, dass das Ernennungsverfahren rechtmäßig ist“, sagte ein Sprecher von Gall den StN. Kurz zuvor hatte das Land seine Stellungnahme nach Karlsruhe geschickt. Bei den durch die Polizeireform neu geschaffenen Präsidien mit ihren Präsidenten und Stellvertretern handele es sich „um komplett neue Dienststellen, die direkt dem Innenministerium“ nachgeordnet seien. „Wir sind deshalb der Auffassung, dass diese Leitungsstellen nicht ausgeschrieben werden mussten“, so Galls Sprecher mit Verweis auf Paragraf 11 des Landesbeamtengesetzes.

Im Unterschied zu den Präsidentenposten und ihren Stellvertretern waren die anderen Positionen, auf denen es Veränderungen durch die Reform gibt, ausgeschrieben worden. Rund 16.000 Polizeibeamten aus dem ganzen Land hatten im Zuge eines Interessenbekundungsverfahrens ihre Wünsche über den künftigen Dienstort und ihre Verwendung äußern dürfen. Derzeit gibt s laut Ministerium nur 35 Schlichtungsverfahren sowie die Klage von Lautensack.

Bei der Hochschule der Polizei in Villingen wurde derweil am Montag dementiert, dass die umstrittene Reform der Auslöser für den Rücktritt des fünfköpfigen Personalrats ist. Zwar bestätigte Hochschulrektor Alexander Pick auf Anfrage, dass der Personalratsvorsitzende Sebastian Krayl und seine vier Mitstreiter ihre Ämter niedergelegt hätten, dies habe „aber nichts mit der Polizeireform“ zu tun. Die Gründe für den überraschenden Rücktritt des Gremiums wollte Pick nicht nennen. Die Hochschule, die 60 Dozenten, 60 Verwaltungsmitarbeiter sowie 860 Studierende zählt, wird im Zuge der Reform massiv aufgewertet. Man werde „einen neuen Personalrat“ aufstellen, so Pick.