Nicht nur der Polizeibeamte, sondern auch sein Gegenüber kann erkennen, wann die Bodycam läuft. Foto: Ines Rudel

Die Streifenbeamten im Bereich des Polizeipräsidiums Reutlingen, das für die Landkreise Esslingen, Reutlingen und Tübingen zuständig ist, verfügen jetzt über Bodycams. Das soll ihren täglichen Dienst auf der Straße gewaltfreier machen.

Kresi Esslingen - Die Polizeistreifen in den Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen sind seit diesem Mittwoch mit sogenannten Bodycams unterwegs. Die Polizei erhofft sich durch die Möglichkeit, brisante Situationen im täglichen Dienst auf der Straße per Kamera aufnehmen zu können, eine Abnahme von Angriffen und Gewalttätigkeiten gegenüber Polizeibeamten. Denn diese nehmen Jahr für Jahr zu. Das neue Instrument ist am Mittwoch bei einer Pressekonferenz vorgestellt worden.

Kamera wird gut sichtbar getragen

Der Betrunkene in dem Demonstrationsfilm der Polizei krakeelt lautstark auf einer Parkbank herum. Als zwei Polizisten auf ihn zugehen, um ihn zur Räson zu bringen, regt er sich fürchterlich auf, wird zunehmend aggressiver und geht bedrohlich auf die Beamten zu. „Beruhigen Sie sich, sonst starte ich die Kamera“, kündigt einer der Ordnungshüter an. Und als sich der renitente Zeitgenosse weiterhin daneben benimmt, erklärt er diesem: „Wir nehmen Sie jetzt auf.“ Die Ansage verfehlt ihre Wirkung nicht, der Aggressor fährt sein Level herunter und zeigt jetzt einigermaßen gefasst seinen Personalausweis vor.

Das ist der Idealfall der von der Polizei erhofften Wirkungsweise der Bodycams, sagt Kriminaldirektor Michael Simmendinger, der stellvertretende Leiter der Direktion Polizeireviere und gleichzeitig der Leiter des Polizeireviers in Reutlingen. Denn in erster Linie solle die gut sichtbar an der Uniform getragene kompakte, robuste und bedienerfreundliche Kamera der Eigensicherung der Polizeibeamten im Streifendienst dienen, indem sie aggressive Zeitgenossen von Attacken abhalte.

Aufnahmen müssen stets angekündigt werden

Zwar sind die Aufnahmen, die von den Polizisten stets angekündigt werden müssen, im Falle von Gewalttätigkeiten auch Dokumente, die in eventuell folgenden Gerichtsverfahren als Beweismittel dienen. Allerdings erlaube das Polizeigesetz zurzeit nur Aufnahmen im öffentlichen Raum, sagt Michael Simmendinger. In Gaststätten etwa oder gar in Wohnungen seien sie tabu.

In jenen Bereichen in Bund und Land, wo die Kameras bereits im Einsatz sind, seien „durchweg positive Erfahrungen“ damit gemacht worden. Beispielsweise sei die Zahl der sogenannten Solidarisierungen, bei denen sich unbeteiligte Passanten zusammenrotten und auf die Seite der Gewalttäter schlagen, zurückgegangen. Zudem weichen „rational denkende Personen“ laut Michael Simmendinger eher einen Schritt zurück und fahren ihre Aggressionen herunter. Bei völlig betrunkenen oder durch Drogen zugedröhnten Personen wirke die drohende Kameraaufnahme freilich nicht. Ein weiterer Aspekt sei, dass auch das korrekte oder eben nicht korrekte Verhalten der Polizeibeamten dokumentiert werde. Jedoch entscheide allein der Kameraträger, wann gefilmt wird.

Polizei hofft auf positiven Effekt

Kommt es zu Aufnahmen, stünden diese 28 Tage lang auf dem Server des jeweiligen Polizeireviers zur Verfügung. Nur bei einer Gewalttat würden die Filme als Beweismittel dauerhaft gespeichert.

Die nächste Kriminalstatistik soll dann zeigen, ob sich durch den Kameraeinsatz ein positiver Effekt eingestellt hat. Im vergangenen Jahr war im Zuständigkeitsbereich des Reutlinger Präsidiums die Zahl von Gewalttaten gegen Polizeibeamte im Vergleich zum Jahr davor nochmals um zehn Prozent auf 376 Straftaten angestiegen. Durch die Ausstattung der Streifendienste in den 22 Revieren mit insgesamt 138 Kameras soll dieser bedenkliche Trend endlich wieder umgekehrt werden.