Ohne Agenda und Protokoll: Das Polizeipräsidenten-Treffen, bei dem es auch um die Vergabe von Spitzenämtern ging, wirft Fragen auf.
Stuttgart - Unklar bleibt weiterhin, wie die Entscheidung über mögliche Besetzungen von Spitzenverwendungen in der Landespolizei im Juli fiel. In der Antwort des Innenministeriums auf eine Landtagsanfrage der FDP-Fraktion heißt es, zwar sei nach der Verwaltungsvorschrift für die Beurteilungen von Polizisten im höheren Dienst vorgeschrieben, in einer Konferenz „die Beurteilungen, insbesondere beabsichtigte Abweichungen von der vorläufigen Beurteilung, mit den Beurteilenden mit dem Ziel zu erörtern, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Gesamturteile für den Zuständigkeitsbereich des Leiters der Beurteilungskonferenz zu erreichen“.
Für die soll es aber keine Agenda gegeben haben: „Eine Tagungsordnung im eigentlichen Sinne mit verschiedenen Tagesordnungspunkten gab es daher nicht“, heißt es. Auch ein Protokoll soll nicht existieren.
In einem weiteren Punkt sind die Versicherungen des Landespolizeipräsidiums schwammig. Der Inspekteur der Polizei, Andreas Renner, habe „auf Nachfrage die ihm bekannten Interessensäußerungen an der Besetzung von Führungspositionen in den Polizeipräsidien genannt“. Das klingt, als wurde darüber am Rande der Konferenz gesprochen. Tatsächlich wurden während des Treffens Beurteilungen sogar so verändert, dass Beförderungen auf die Ämter von Polizeipräsidenten und ihrer Vertreter möglich wurden. Das veröffentlichte unsere Zeitung Ende September. Teilnehmer berichteten zudem, wer für diese Spitzenämter vorgesehen ist, ohne dass die Stellen für Bewerbungen ausgeschrieben waren. Von der veröffentlichten Liste wurden inzwischen vier der 20 Stellen regulär oder kommissarisch besetzt – mit den genannten Kandidaten.
Kritik von der Opposition im Landtag
„Der Inspekteur nimmt ‚ihm bekannte Interessensäußerungen‘ auf, führt bilaterale Gespräche und erörtert Besetzungen von Posten, die noch nicht frei sind, in Beurteilungskonferenzen, für die es weder Tagesordnung noch Protokoll gibt“, bemängelt Julia Goll, innenpolitische Sprecherin der FDP. Das Ministerium bestätigte darüber hinaus, dass Beamte aktiv zu Bewerbungen ermutigt werden.
So erhärte sich der Eindruck, wichtige Personalentscheidungen bei der Polizei fielen bereits vor dem förmlichen Bewerbungs- und Besetzungsverfahren intransparent. „Der Innenminister muss dringend darauf achten, dass die Besetzung der Spitzenämter gesetzmäßig und transparent verläuft. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass das Parteibuch, die Zugehörigkeit zum Arbeitskreis Polizei der CDU oder die persönliche Nähe zu politischen Entscheidungsträgern im Innenministerium für die Besetzung von Spitzenämtern der Landespolizei ausschlaggebend sein kann“, unterstreicht Goll.
Kritik kommt auch von Seiten der SPD
Kritik gibt es auch von der SPD: Leistungsbeurteilungen und Stellenbesetzungen würden vermischt. „Dies alles, bevor die Stellen überhaupt ausgeschrieben sind“, sagt Generalsekretär Sascha Binder. Das dürfe nicht sein. So stehe der Verdacht im Raum, Beurteilungen erfolgten nicht nach erbrachter Leistung, sondern danach, wer einen Posten bekommen solle. „Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist mehr damit beschäftigt, um sein politisches Überleben zu kämpfen, als sich vollumfänglich seiner Aufgabe als Minister zu widmen.“ Zudem sei unklar, warum der Inspekteur der Polizei die ihm bekannten Interessensäußerungen überhaupt bei der Konferenz benannte und nicht auf die Vertraulichkeit von Personalentwicklungsgesprächen verwies.