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Mit einem Schlag kann die Laufbahn zweier Stuttgarter Polizeibeamter vorbei sein. Der Amtsgerichts-Prozess wegen Körperverletzung im Amt geht nach einigen überraschenden Verwicklungen dem Finale entgegen.

Stuttgart - Die Faust steckte in einem Polizeihandschuh, und sie fügte einem 23-Jährigen eine Nasenbeinfraktur, eine Schädelprellung und eine Risswunde zwischen den Augenbrauen zu. Im Amtsgerichts-Prozess gegen zwei Stuttgarter Polizeibeamte, die gleich mehrfach über die Stränge geschlagen haben sollen, hat eine medizinische Gutachterin mit diesem Befund die Beschuldigten nicht gerade entlastet.

Die Sachverständige spricht von einem „wuchtigen Faustschlag“, die Verletzungen seien mit den Schilderungen des Opfers vereinbar. Eine Schürfwunde sei Folge einer Reibung durch einen Handschuh. Ein Parkhauswächter hat seine Zeugenaussagen zu dem Übergriff bekräftigt – nachdem ihm ein anonymer Briefeschreiber zwischenzeitlich vorgeworfen hatte, mit dem Opfer nachträglich ein Komplott geschmiedet zu haben.

Für Amtsrichter Benjamin Stolle steuert das Verfahren um mutmaßliche Polizeigewalt nunmehr auf das Finale zu: Am vierten Verhandlungstag sollen die letzten Zeugen gehört werden. Damit steht nach den Plädoyers auch eine gewichtige Entscheidung an: Ein 36-jähriger Polizeihauptmeister und seine 31-jährige Streifenkollegin müssen im Falle einer Verurteilung damit rechnen, ihren Job bei der Polizei zu verlieren. Ein in Stuttgart bisher eher seltener Vorgang.

Beleidigung „Kanake“ nicht nachweisbar

Ein am dritten Tag eingeräumter Strafrabatt dürfte einen der Angeklagten kaum trösten. Der Vorwurf einer Beleidigung wurde auf Antrag des Staatsanwalts vom Gericht vorläufig eingestellt. Dass der Beamte einen 24-Jährigen bei der Festnahme in der Königstraße als „Kanake“ beleidigt haben soll, ist ihm nicht eindeutig nachzuweisen.

Für den Anklagevertreter war die Geschichte um Gewalt bei einer Polizeikontrolle im Juli 2015 in einem Parkhaus in der Innenstadt ohnehin weitaus gewichtiger. Ein 23-Jähriger hatte am 6. Juli in der Friedrichstraße kontrolliert werden sollen, weil er sich auf einer Baustelle aufgehalten hatte. Der Verdächtige rannte davon, verfolgt von den Polizisten, wurde dann aber von einem Parkhauswächter in einer Tiefgarage an der Kronenstraße gestellt.

Dabei soll es zu dem nun angeklagten Vorfall gekommen sein: Das Opfer und der Parkhauswächter erklären, dass der 36-jährige Beamte bei der Festnahme grundlos mit der Faust zugeschlagen habe.

Der Belastungszeuge muss zweimal kommen

Der Parkhausbedienstete musste für seine Aussage gar ein zweites Mal vor Gericht erscheinen. Ein nach dem ersten Prozesstag überraschend aufgetauchtes anonymes Schreiben warf dem 59-Jährigen vor, seine belastende Aussage mit dem Opfer gegen Geld ausgehandelt zu haben. Der Zeuge wies dies zurück: „Das ist eine Beleidigung, mir wird da eine Straftat unterstellt.“ Er überlege sich, wegen Verleumdung Anzeige zu erstatten und damit seinerseits „auch noch die Justiz zu belasten“.

Die Verteidigung hält den Zeugen für nicht glaubwürdig, weil er das Opfer festgehalten haben will und dann „von hinten an meinem Ohr vorbei“ der Schlag des Polizisten erfolgt sein soll. Das habe nicht einmal das Opfer erzählt, und so sei die Gesichtsverletzung auch nicht zu erklären. Doch die Aussage der von der Verteidigung bestellten Gutachterin wirkt für die Verteidigung eher wie ein Schlag ins Gesicht: „Dass es auch so ablief, kann ich nicht ausschließen.“ Der Prozess wird am 3. Juni fortgesetzt.