Der Forensiker Johannes Vermeulen beim Prozess gegen Oscar Pistorius. Foto: dpa

Widerspruch zwischen Polizeiermittlungen und Schilderungen des wegen Mordes angeklagten Oscar Pistorius: Ein Experte ist sich sicher, dass der behinderte Athlet ohne Prothesen die Tür einschlug, durch die er seine Freundin zuvor erschossen hatte.

Widerspruch zwischen Polizeiermittlungen und Schilderungen des wegen Mordes angeklagten Oscar Pistorius: Ein Experte ist sich sicher, dass der behinderte Athlet ohne Prothesen die Tür einschlug, durch die er seine Freundin zuvor erschossen hatte.

Pretoria - Ein weiterer Zeuge hat im Mordprozess gegen Paralympics-Star Oscar Pistorius die Schilderungen des Angeklagten über die Tatnacht in Frage gestellt. Der 27-Jährige habe beim Einschlagen der Toilettentür, hinter der die erschossene Reeva Steenkamp lag, keine Prothesen getragen, sagte der Polizei-Forensiker Johannes Vermeulen am Mittwoch in Pretoria. Das lasse die Höhe der Türbeschädigungen erkennen. Der beinamputierte Athlet hatte ausgesagt, er habe nach den tödlichen Schüssen erst seine Prothesen angezogen und dann mit einem Kricketschläger die verschlossene Tür eingeschlagen.

Vermeulen bestätigte allerdings, dass Pistorius bei den Schüssen auf seine Freundin keine Prothesen trug. „Die Spuren an der Tür stimmen mit der Aussage überein, er habe keine Prothesen angehabt“, sagte der Experte. Im Gerichtssaal war zur Darstellung der Vorgänge eine Toilettenkabine mit Tür und Toilettenschüssel aufgebaut worden, die der im Hause von Pistorius gleicht.

Der 27-Jährige erklärte, er sei in der Tatnacht zum 14. Februar 2013 auf Beinstümpfen in Panik ins Bad geeilt und habe durch die verschlossene Toilettentür geschossen, weil er dort einen Einbrecher vermutete. Die Staatsanwaltschaft war zunächst davon ausgegangen, dass der Angeklagte seine Prothesen zuvor angelegt habe. Das hätte aus Sicht der Anklagebehörde belegt, dass Pistorius überlegt gehandelt habe - und damit die Mordthese gestützt. Der Staatsanwalt will nun nachweisen, dass Pistorius erst mit dem Kricketschläger versucht hat, die Tür einzuschlagen und erst dann geschossen habe. Die Verteidigung geht von einem umgekehrten Verlauf aus.

Verteidiger Barry Roux bezweifelte im Kreuzverhör die Beweisführung des Forensikers und ließ Vermeulen mit einem Kricketschläger verschiedene Schlagpositionen zur aufgebauten Toilettentür im Gerichtssaal einnehmen. Roux wollte nachweisen, dass die Spuren an der Tür keineswegs eindeutig zeigten, ob Pistorius Prothesen getragen habe oder nicht.