Den Einsatz einer Einsatzhundertschaft der Bundesbereitschaftspolizei am Flughafen erlebte unser Reporter Franz Feyder mitten unter den Polizistinnen und Polizisten.
Stuttgart - Der weiße Helm mit dem blauen Stoffüberzug baumelt an der Uniform. Unter dem Reißverschluss der feuerhemmenden Jacke ist die Schutzweste zu sehen. Sie soll verhindern, dass Messerstiche bis in den Oberkörper dringen. 20 Kilo wiegt die Schutzausrüstung der Bereitschaftspolizisten der 3. Einsatzhundertschaft. Ihr Auftrag: Die Frauen und Männer sollen verhindern, dass gewaltbereite Demonstranten den Stuttgarter Flughafen stürmen.
Einen guten 100-Meter-Sprint davon entfernt, wollen die ein Grundsatzprogramm beschließen, die sich als Alternative für Deutschland (AfD) sehen. Damit sie sich im Internationalen Kongresszentrum der Messe treffen können, wurden mehr als 1000 Polizisten aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz an den Neckar gekarrt.
Auch die etwa 100 Bundespolizistinnen und -polizisten der 3. Hundertschaft. Am Freitagmorgen sind sie um sechs Uhr im niederbayrischen Deggendorf losgefahren. 368 Kilometer Autobahnfahrt in blau-weißen Kleinbussen. „Am vergangenen Mittwoch haben wir den Einsatzbefehl bekommen“, sagt Einheitsführer Hans Fischl. Der dritte Wochenendeinsatz in diesem Monat für seine Frauen und Männer: Hilfe bei der Registrierung von Flüchtlingen in Passau, die Sicherung von Fußballspielen und jetzt Stuttgart.
Hier sind die Polizisten auf dem Bahnsteig der S-Bahnstation aufmarschiert. Die meist jungen Beamten sollen Anti-AfD-Demonstranten unter dem Flughafen in Empfang nehmen, sie zwei Treppen hoch eskortieren und in die Obhut von Bereitschaftspolizisten aus Baden-Württemberg übergeben. Die - so der Plan - begleiten die Protestzüge zum Fernbusbahnhof, wo gegen 10 Uhr eine Kundgebung stattfinden soll.
Die Lagemeldungen überschlagen sich
„Pyrotechnik im Zug“, wird Fischl über Funk vorgewarnt. Die S-Bahn mit 400 Demonstranten im Inneren wird eine Station vor dem Flughafen für zehn Minuten angehalten. Die Lagemeldungen überschlagen sich: Demonstranten hätten die Bundesstraße 27 blockiert, Reifen angezündet. Vereinzelt seien Steine auf Polizisten geworfen worden. Die kesselten etwa 400 Gewaltbereite ein, bei denen Eisenstangen und Holzlatten gesehen worden seien.
„Helm auf“, befehlen Fischls Zugführer ihren Beamten, bevor die S-Bahn in den Flughafen einfährt. Eine Spezialeinheit der bayrischen Bereitschaftspolizei aus Dachau taucht unversehens auf dem Bahnsteig auf. „Ist das mit uns abgesprochen?“, fragt Fischl in die Runde seines kleinen Stabes. Zwei Telefonanrufe später ziehen die Bayern wieder ab.
Dafür sperren einige der Bundespolizisten die Rolltreppen ab. „Zu gefährlich, wenn da jemand im Gewühle hinfällt.“ Im Schritttempo rollt der rote Zug ein. Die Türen öffnen sich. Dutzende Menschen strömen aus der Bahn: Eine Weißhaarige mit einem handgemalten Schild „Ihr seid keine Alternative“, junge Leute in pinkfarbenen Shirts und Perücken, die Trommeln tragen. Schwarz Gekleidete, die ihre Augen hinter spiegelnden Sonnenbrillen verstecken.
Im Flughafen bleibt es still
„Doa geht’s auffe“, weist einer der Bundespolizisten den Weg zur Treppe. Zwei Stockwerke höher haben sich die beiden Polizeihunde auf den Boden gelegt, einer wedelt mit dem Schwanz. „Ruhig ist’s“, lacht der Erste Polizeihauptkommissar Hans Fichl. Und sagt voraus: „Das wird hier auch so bleiben.“
Er wird Recht behalten: Während am Flughafenkreisel und vor dem Mövenpick-Hotel größere Gruppen von Demonstranten von Polizisten umringt und bis in die Mittagszeit hinein einzeln abgeführt, fotografiert, gefesselt und schließlich mit Linienbussen in eine Sammelstelle in eine der Messe gefahren werden, bleibt es im Flughafen still. Reisende machen mit ihren Handys Fotos von sich den Polizisten. Die der 3. Hundertschaft nehmen ihre Helme ab - auch wenn die roten Züge im 20-Minuten-Takt weitere Demonstranten herbeischaffen. Etwa 1000 seien es gewesen, sind sich die Deggendorfer Polizisten sicher.
87 verletzte Bundespolizisten in diesem Jahr
Die freuen sich über den ruhigen Einsatz im Stuttgarter Flughafen. „Bei manchen Fußballspielen fragen wir uns auch schon einmal, ob wir bei einer Auseinandersetzung mit sogenannten Fans nicht zweiter Sieger bleiben“, sagt Fischl nachdenklich. Alleine in diesem Jahr wurden 87 Bundespolizisten bei solchen Einsätzen verletzt.
Der in Stuttgart bekommt gegen 12.30 Uhr erst einmal ein Pause. 400, 500 Demonstranten steigen im Flughafen in die S-Bahn Richtung Innenstadt. Eine Stunde später werden ihnen die Deggendorfer Bundespolizisten zum Hauptbahnhof folgen. „Tschüss“, winkt ein junge Frau einem der Polizisten zu, bevor ihre S-Bahn abfährt. Der grüßt zurück - und lächelt.