Die Zahl der Einbrüche ist in Baden-Württemberg dramatisch angestiegen. Foto: dpa

Ein Einbruch ist für viele Menschen ein Schock. Dabei ist meist nicht der materielle Verlust das größte Problem, sondern der Knacks für das Sicherheitsgefühl. Und die Zahl der Raubzüge steigt dramatisch.

Ein Einbruch ist für viele Menschen ein Schock. Dabei ist meist nicht der materielle Verlust das größte Problem, sondern der Knacks für das Sicherheitsgefühl. Und die Zahl der Raubzüge steigt dramatisch.

Stuttgart - Baden-Württembergs Polizei hat ein Problem: Urplötzlich schnellt die Zahl der Wohnungseinbrüche samt Diebstählen im Südwesten nach oben - und nur jeder zehnte Täter wird geschnappt. 11.300 Fälle bedeuten einen Anstieg bei diesem klassischen Delikt um fast ein Drittel (32 Prozent), wie Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Freitag in Stuttgart mitteilte.

„Das ist ein großes Problem“, räumte auch Landespolizeipräsident Gerhard Klotter ein. Und dabei bleibe im Grunde keine Region in Baden-Württemberg ausgespart. Gute Fluchtwege entlang der Autobahnen spielen aber eine Rolle. Betroffen seien jedoch eindeutig nicht nur die Ortsrandlagen, sondern auch die Zentren.

Die Einbrecher kommen, hinterlassen kaum Spuren, tauchen unter oder verlassen rasch das Land, berichtete Klotter. Banden würden zudem oft in wechselnder Besetzung agieren, was die Nachverfolgung schwer mache. Nicht selten stünden organisierte Banden dahinter. So sei bei einem Fall in der Ortenau eine Bande gleich für 100 Einbrüche verantwortlich gewesen. Im Enzkreis richtete eine andere bei zig Einbrüchen einen Schaden von 130.000 Euro an.

Die meisten Fälle werden nie aufgeklärt

Dramatisch schlecht ist die Aufklärungsquote: Gerade mal in 11 Prozent der Fälle würden der oder die Täter dingfest gemacht, sagte Gall. 11.300 Einbrüchen in 2013 stünden 1111 gefasste Täter gegenüber. „Wir brauchen da auch andere Methoden“, forderte Klotter. Andere Länder seien besser. Anderswo stünden aber auch andere Zahlen im Raum: So meldet Nordrhein-Westfalen gut 55.000 Wohnungseinbrüche.

Die Zahlen sind für die CDU-Fraktion ein Zeichen dafür, dass Gall bei der Verbrechensbekämpfung die falschen Prioritäten setze. Hunderte hochqualifizierte Polizisten seien zuletzt mit der Polizeireform befasst gewesen. „Da wundert es doch nicht, wenn keine Zeit mehr zur Erarbeitung für Strategien zur Verbrechenbekämpfung bleibt“, sagte Innenexperte Thomas Blenke. Seit Monaten leide das Kerngeschäft der Polizei, hieß es auch bei der FDP-Fraktion. Die SPD-Fraktion hingegen sieht in der Polizeireform das Rezept gegen den Einbruchsboom: Künftig könnten gezielter Spezialisten zur Spurensicherung eingesetzt werden, sagte SPD-Innenexperte Nikolaos Sakellariou.

Gall rief die Bekämpfung des Wohnungseinbruchs zu einem Schwerpunkt aus. Das Landeskriminalamt werde ein Handlungskonzept entwickeln. Auch die Bürger könnten aber auch einiges machen: Etwa 41 Prozent der Einbruchsversuche scheiterten, weil die Täter nicht schnell genug in die Wohnung gelangten. „Wenn er nicht nach drei Minuten drin ist, sucht er sich ein anderes Objekt“, erläuterte Klotter.

Ansonsten weist Galls Kriminalitätsstatistik Baden-Württemberg als eines der sichersten Bundesländer aus: 5450 Straftaten pro 100.000 Einwohner seien im bundesweiten Vergleich ein „Topwert“.

Jugend: Besonders erfreulich sei die Entwicklung bei der Jugendkriminalität mit Rückgängen von mehr als 20 Prozent, sagte Gall. Gewaltdelikte gingen sogar um 40 Prozent zurück. Bei der Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren insgesamt habe es einen Rückgang um 3,4 Prozent auf 56.500 gegeben - ein Tiefstand seit zehn Jahren.

Gewalt: Auch die Gewaltkriminalität allgemein sank mit 17 300 Fällen auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Die gefährliche oder schwere Körperverletzung nahm um 7,4 Prozent ab.

Straße: Raub, Körperverletzung, Diebstahl oder Sachbeschädigung auf offener Straße ging ebenfalls um 5,2 Prozent zurück. Insgesamt zählte die Polizei 2013 rund 106 400 solcher Straftaten.

Rauschgift: Sorge bereitet der Polizei die Entwicklung bei der Rauschgiftkriminalität mit einem Plus von 17 Prozent auf 32 200 Fälle. Dramatisch sei dort vor allem der Anstieg der jungen Tatverdächtigen, bedingt auch durch verstärkte Kontrollen: Kinder plus 45,7 Prozent auf 102, Jugendliche plus 49,6 Prozent auf 4200. Immer wieder seien die Ermittler auf fehlendes Unrechtsbewusstsein junger Menschen gestoßen, berichtete Gall - „besonders beim Genuss der unsinnigerweise als harmlos bewerteten Droge Cannabis“.

Internet: Nach einem deutlichen Rückgang 2012 stiegen Delikte im Internet im vergangenen Jahr wieder um gut 11 Prozent auf 18 800 Fälle an. Meist handele es sich um Betrug. „Besonders verabscheuungswürdig sind für mich die 492 Fälle unter der Rubrik Besitz/Verschaffen kinderpornografischer Schriften“, sagte Gall. Dabei spiele das Internet weltweit eine zentrale Rolle. Im Land stoße die Polizei aber „an faktische und rechtliche Grenzen“.