Im Rhein-Neckar-Kreis wurde ein Jugendlicher von einem Streifenwagen überrollt. Jetzt wird der Fall vor Gericht verhandelt. Foto: dpa/Symbolbild

Ein Streifenwagen überrollt einen Jugendlichen - nun kommt es zum Prozess gegen einen Polizisten. Doch weder er noch das Opfer tauchen auf. Dafür kriegen sich Richter und Staatsanwalt in die Wolle.

Ein Streifenwagen überrollt einen Jugendlichen - nun kommt es zum Prozess gegen einen Polizisten. Doch weder er noch das Opfer tauchen auf. Dafür kriegen sich Richter und Staatsanwalt in die Wolle.

Wiesloch - Eine Gedankenlosigkeit mit tragischen Folgen: Ein führerloser Streifenwagen soll in Malsch (Rhein-Neckar-Kreis) einen Jugendlichen überrollt haben. Ein Polizist hatte das Auto im April 2013 aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht richtig gegen das Wegrollen gesichert. Das damals 17-jährige Unfallopfer erlitt schwere Verletzungen. Am Montag begann der Prozess vor dem Wieslocher Amtsgericht nahe Heidelberg - allerdings erschienen weder Angeklagter noch Opfer. Das Gericht vertagte die Verhandlung nach wenigen Minuten.

Sein Mandant erkenne seine Schuld zwar an, sagte Anwalt Otmar Kreischer am Rande der Verhandlung. Die Forderung der Staatsanwaltschaft nach einer Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro sei aber unangemessen. Die Verteidigung will erreichen, dass der 48-Jährige lediglich eine Verwarnung bekommt. „Die Rechtsordnung gibt es nicht her, dass jemand in dieser Situation zu einer Strafe verurteilt wird“, sagte Kreischer. Sein Mandant mache von seinem Recht Gebrauch, nicht vor Gericht zu erscheinen. Zum Sachverhalt wolle er sich nicht äußern. „Er leidet sehr unter diesem Vorfall.“

Hitzige Debatte zwischen Staatsanwalt und Richter

Staatsanwalt Joachim Steinbacher war sichtlich verärgert, dass auch keine Zeugen oder Sachverständigen geladen waren. Er warf dem Richter vor, sich mit der Verteidigung abgesprochen zu haben - dieser bestritt das vehement. „Mit Blick auf die lebensgefährlichen Verletzungen des Jungen kann man das nicht so abhandeln“, sagte der Staatsanwalt.

Zwischen ihm und dem Richter kam es zu einer hitzigen Debatte. „Das Ausmaß hängt doch davon ab: Hat der Bub jetzt lebenslang Malheur oder nicht? Da kann ich mich doch nicht auf ein ärztliches Zeugnis verlassen, das Monate alt ist“, sagte Steinbacher. Der Richter kündigte für den nächsten Termin einen Sachverständigen an.

Vor dem Vorfall im vergangenen Jahr war die Polizei nachts alarmiert worden, dass drei Jugendliche an einem Bahnhof mit Steinen Scheiben einschmeißen. Später sollen die jungen Leute Leitpfosten aus dem Boden gerissen und auf die Straße geworfen haben. Der Angeklagte und ein Kollege stellten die drei Verdächtigen auf dem leicht abschüssigen Gelände einer Tankstelle. Als sich einer der Jugendlichen hinkniete, um etwas abzulegen, wurde er den Angaben zufolge von dem Vorderreifen des Streifenwagens überrollt.