Ende eines unerlaubten Kamel-Ausflugs in Weil der Stadt Foto: dpa

Wenn plötzlich Kamele herrenlos auf der Straße stehen, ist das keine Fata Morgana. Meist ist es derselbe Zirkus, der in letzter Zeit Großeinsätze verursacht. An einen Zufall mag die Polizei kaum mehr glauben.

Stuttgart - Diesmal soll es teuer werden. „Wir werden die Einsatzkosten in Rechnung stellen“, sagt Polizeisprecher Peter Widenhorn. Zehn Streifenwagenbesatzungen aus Leonberg, Sindelfingen, Böblingen, Ditzingen und Stuttgart-Vaihingen mussten anrücken, eine Bahnstrecke sicherheitshalber gesperrt werden – um eine Herde aus zehn Kamelen mitten in der Nacht in Weil der Stadt (Kreis Böblingen) einzufangen. Die waren am späten Montagabend aus einem Wanderzirkus ausgebüxt. Wieder mal. Der Polizei ist der Name Circus Kaiser hinreichend bekannt.

Diesmal soll es ein Fuchs im Stall gewesen sein, der zwei Jungtiere erschreckt und die ganze Kamelherde zur Flucht getrieben hat: „Kein Elektrozaun hätte die aufhalten können“, sagt Juniorchef Arthur Kaiser. Aber normalerweise, so der Zirkusmann, laufen Kamele nicht weg, man könnte sie unbedenklich auf einer Wiese stehen lassen.

Normalerweise klingt so etwas plausibel. Wenn es nur nicht so oft passieren würde. Außerdem war die Batterie des Elektrozauns leer, und das war der Polizei dann doch zu fahrlässig. Deshalb sollen auch die Kosten des Einsatzes in Rechnung gestellt werden. Ob da ein vierstelliger Betrag rauskommt? „Über die Höhe können wir noch nichts sagen“, meint dazu Polizeisprecher Peter Widenhorn.

Meist spielt der Name Circus Kaiser eine Rolle, wenn Kamele spektakulär auf Ausflug gehen. Im November und Dezember hatte die Polizei Offenburg gleich dreimal das Vergnügen, insgesamt acht Kamele und ein Känguru im Bereich Achern wieder einzufangen. Angeblich hatten Unbekannte das Tor des Geheges geöffnet.

So wie in Freiberg am Neckar im März 2013, als plötzlich zwei Bisons auf der Landesstraße standen und ein Watussi-Rind am Fahrbahnrand graste. Zehn exotische Rinder waren Auslöser eines Großeinsatzes der Polizei. Man sei schon seit längerem Attacken von militanten Tierschützern ausgesetzt, so die Zirkusleute. In Winnenden sei ihnen ein Monat zuvor ein Starkstromkabel mit einer Axt durchtrennt worden.

Auch in Stuttgart sorgte der Zirkus für Aufregung. Am 7. Mai vergangenen Jahres gastierte der Wanderzirkus mit 85 Tieren und 20 Mitarbeitern in der Nähe des SI-Centrums in Möhringen. Eine Polizeistreife hatte beobachtet, wie eines der Kamele ausschlug und der Zaun niedergetrampelt wurde. Kamele, Pferde, Rinder waren plötzlich frei, unter den Besuchern machte sich Aufregung breit. Ein Polizist zog sicherheitshalber seine Dienstpistole.

Viel Lärm um nichts, so die Zirkusverantwortlichen, erst der mit einer Waffe fuchtelnde Polizeibeamte habe die Aufregung verursacht. Die Zirkussprecherin damals hatte allerdings auch keine Erklärung dafür, dass der Elektrozaun nicht funktionierte. In Weil der Stadt kann sich Juniorchef Arthur Kaiser an den Vorfall erinnern. „Das war aber mein Cousin“, sagt er über den damaligen Zirkusverantwortlichen. Für die Kaisers ist das eine ganz wichtige Feststellung: Es ist immer ein anderer. „Wir distanzieren uns von Zirkussen unter dem Namen Kaiser, welche in der Öffentlichkeit und Presse negativ aufgefallen sind“, heißt es, „damit haben wir nichts zu tun.“

Unter dem Namen Kaiser brachen etwa sieben Kamele am 22. Januar in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) aus, ein Autofahrer alarmierte die Polizei. Im April 2014 war wieder der Name Kaiser im Spiel, als vier Lamas in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) herrenlos umherirrten.

Dabei geht es nicht nur darum, dass die Tiere selbst zahm und friedlich sind. Die Ausflüge gefährden Autofahrer und die Tiere selbst. Mitte Januar dieses Jahres, als acht Kamele des Zirkus Carl Busch ausbüxten, wurde ein Tier von einer 70-jährigen Autofahrerin angefahren und verletzt.

Ob im jüngsten Fall die Polizei ihr Bußgeld bekommt, ist ungewiss. Die Stadt Stuttgart fühlte sich im Mai 2014 jedenfalls betrogen, weil sie die städtische Fläche in Möhringen für 2000 Euro wieder herrichten musste, ohne einen Cent Pacht gesehen zu haben. Der Zirkus hatte mehrere Tausend Euro an jemanden anders gezahlt, der sich als Grundstücksbesitzer ausgab. Die Polizei fand heraus: „Wir haben einen Verdächtigen ermittelt, der das Geld bekommen hat“, sagt Polizeisprecher Thomas Geiger, „er wurde angezeigt.“ Der Zirkus war an einen einschlägig bekannten Betrüger geraten.