„Verletzte Personen“ wurden auf einem eigens errichteten Behandlungsplatz neben dem Bildungszentrum erstversorgt. Foto: KS-Images.de

Etwa 100 Polizeibeamte und 300 Rettungskräfte haben am Samstagmorgen den Ernstfall getestet. Im Fokus stand die Erfassung, Betreuung und Zusammenführung von Opfern und Angehörigen während und nach dem Einsatz.

Ein außergewöhnliches Bild bot sich Passanten am Samstagmorgen rund um das Marbacher Bildungszentrum. Um kurz vor 8 Uhr trafen sich Einsatzkräfte der Polizei und des Deutschen Roten Kreuzes an der Tobias-Mayer Schule und der Anne-Frank-Realschule. Grund war eine groß angelegte Übung für einen Fall, der hoffentlich nie eintreten wird: Ein Amoklauf.

Ein Schüler laufe im benachbarten Gymnasium mit einer Schusswaffe Amok, so die fiktive Meldung. „Ausgehend von dieser Übungslage wurden nach und nach die Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdienst alarmiert“, erklärt die Übungsleiterin und Leiterin des Übungs-Polizeieinsatzes, Marleen Walheim.

Psychische Belastung

Schwerpunkt der Übung war nicht die Überwältigung des Täters, sondern die Erfassung, Betreuung und Zusammenführung von Opfern und Angehörigen während und nach dem Einsatz. „In solch herausragenden Einsatzlagen ist ein professionelles Betreuungsmanagement ein erfolgskritischer Faktor für die Bewältigung der Lage“, so Walheim. „Dabei umfasst die Betreuung auch die eigenen Einsatzkräfte, da solche Einsätze für die eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte eine hohe psychische Belastung darstellen“. Neben der Betreuung waren auch kriminalpolizeiliche Ermittlungen Bestandteil der Übung.

Polizeipräsident Burkhard Metzger war selbst vor Ort, um sich ein Bild vom Übungsverlauf zu machen. „Lebensbedrohliche Einsatzlagen wie die hier angenommene Amok-Tat sind äußerst komplex und dynamisch und erfordern ein Zusammenspiel aller beteiligten Organisationen und Einsatzkräfte. Mit solchen Übungen wollen wir Abläufe und Strukturen überprüfen und die organisationübergreifende Zusammenarbeit optimieren. Das ist wichtig, um für einen Ernstfall gut gerüstet zu sein“, erläutert er.

Zusammenarbeit muss geübt werden

DRK-Kreisbereitschaftsleiter Dietmar Müller sieht es genauso. „Nach drei Jahren Zwangspause wegen Corona haben wir endlich wieder die Chance, gemeinsam mit der Polizei alle unserer Einsatzgruppen an einer zentralen Übung zu aktivieren und die Zusammenarbeit zu üben.“

Im Einsatz waren etwa 100 Beamtinnen und Beamte des Polizeipräsidiums Ludwigsburg sowie umliegender Präsidien. Das DRK war mit rund 300 Einsatzkräften und 65 Einsatzfahrzeugen vertreten. Mehr als 100 Statistinnen und Statisten von Polizei und DRK übernahmen die Rolle von Verletzten, Betroffenen, Medienvertretern und anderen Personen. Eine Übungsleitung sorgte für den Gesamtablauf, zahlreiche Beobachter sammelten Informationen aus dem Übungseinsatz und brachten ihre Erkenntnisse in die Abschlussbesprechung ein.

Auch Rettungshunde im Einsatz

Dem Übungsszenario zufolge sollten betroffene Personen aus dem Friedrich-Schiller-Gymnasium ebenso wie deren Angehörige zum benachbarten Bildungszentrum gebracht und registriert, betreut und medizinisch versorgt werden. Der größte Teil der Betreuung fand im Schulgebäude statt, während verletzte Personen auf einem eigens errichteten Behandlungsplatz erstversorgt und anschließend vom Rettungsdienst zur weiteren Behandlung abtransportiert wurden. Im Einsatz war auch die Rettungshundebereitschaft des DRK, die mit ihren Mantrailer-Hunden zu Ausbildungszwecken die Suche nach einer geflüchteten Person simulierte.

Am Ende zogen die Beteiligten eine positive Bilanz. „Die Übung verlief reibungslos. Dennoch wurden auch Fehler erkannt, welche im Nachgang aufgearbeitet werden“, fasste der beim DRK für die Übung verantwortliche Marco Ferraro nach Einsatzende zusammen. Auch Polizeirätin Marleen Walheim, die das Polizeirevier Sindelfingen leitet, zeigte sich zufrieden. „Die Übung hat gezeigt, wie gut und professionell die Einsatzkräfte an der Bewältigung der Lage gearbeitet haben. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, an welchen Stellen die Zusammenarbeit noch optimiert werden kann. Diese Erkenntnisse werden wir gemeinsam mit dem DRK nachbereiten und bei zukünftigen Einsätzen beachten.“

Vor zwei Jahren schon eine Übung

Die letzte Amok-Übung hatte 2020 am Gymnasium stattgefunden. Im Fokus stand damals der Digitalfunk, der im Gebäude nur sporadisch funktionierte. Die Stadt Marbach rüstete nach und am Samstag gab es denn auch in Sachen Digitalfunk nichts zu beanstanden.