Den Ausblick vom Balkon des Zuffenhäuser Reviers wird Mast künftig vermissen. Foto: /Bernd Zeyer

Seit Anfang der 1980er Jahre war Werner Mast Polizist im Zuffenhäuser Revier. Nun geht der Präventionsbeamte, der sich vor allem um Jugendliche gekümmert hat, in den Ruhestand.

Zuffenhausen - Dass Werner Mast Polizist geworden ist, hängt eigentlich mit dem Kegeln zusammen: Als junger Mann übte er diese Sportart in der ersten Bundesliga aus und kegelte sogar in der Junioren-Nationalmannschaft. Irgendwann hätte er aber zur Bundeswehr müssen. „Das wollte ich nicht. Da wäre der Sport zu kurz gekommen“, erinnert er sich heute und sagt: „Ich dachte, bei der Polizei kann ich mehr trainieren und Sport treiben.“ Gesagt, getan: 1978 beginnt Mast seine Ausbildung in der Polizeischule in Göppingen, mit dem Kegeln kann es weitergehen. Gut 40 Jahre später sagt er: „Ich würde alles wieder so machen.“

Da ist zum Beispiel die große Vertrauensbasis mit den Jugendlichen, die er sich jahrelang erarbeitet hat. Zu Masts Klientel zählten naturgemäß die schwierigen Fälle. „Schlimme Finger“, so nennt er sie. Man könnte seinen Geschichten stundenlang zuhören. Wie der vom verschwundenen Bagger: Vor einigen Jahren hatten Jugendliche in Stammheim von einer Baustelle einen Bagger gestohlen und waren damit herumgefahren. Die Tour endete auf Straßenbahngleisen, da die jungen Männer den Rückwärtsgang nicht fanden. „Auf sanften Druck kamen die Jungs zu mir und stellten sich.“ Die Arbeitsstunden, die sie vom Gericht aufgebrummt bekamen, mussten sie auf der Baustelle ableisten – ohne Bagger, mit viel Handarbeit.

Ein gutes Händchen für Jugendliche

Dass Werner Mast ein gutes Händchen für Jugendliche hat, prädestinierte ihn für seine Aufgaben. Lange Zeit war er Jugendsachbearbeiter des Zuffenhäuser Reviers, seit 2001 ist er Präventionsbeamter. In all den Jahren hat er viele neue Projekte angestoßen: Er war Ideengeber für die Sucht- und Gewaltpräventionswoche, wirkte bei Hip-Hop-Musicals ebenso mit wie bei diversen Sportprojekten, beispielsweise „Laufen statt raufen“, an dem 4000 Jugendliche teilnahmen. Und auch für „Zuffenhausen sucht den Superstar“ zeichnete er verantwortlich: Jahrelang gab es beim Fleckenfest Probleme mit jungen Leuten, die sich betranken und prügelten. Für das Superstar-Projekt übten die Teenager ausgiebig im Vorfeld. „Die Kids waren monatelang weg von der Straße“, erzählt Mast nicht ohne Stolz. Und als die Veranstaltung dann über die Bühne ging, fanden sich die „Kids“ friedlich auf oder vor der Bühne ein, statt zu randalieren. Voll des Lobes ist Mast für seinen ehemaligen Chef, den Revierleiter Dieter Steinmann: „Er hat mir stets freie Hand gegeben und stand immer hinter mir. Ohne ihn hätte es diese Projekte gar nicht gegeben.“

Weniger gute Erinnerungen hat der Hauptkommissar an seine Einsätze in der Stammheimer Justizvollzugsanstalt. Er musste bei Prozessen gegen die RAF dabei sein – was an seiner überschaubaren Körpergröße lag: Im Gerichtssaal kauerte er mit einer Kamera versteckt und unsichtbar fürs Publikum in einer Empore. Wäre es zu Ausschreitungen gekommen, hätte er die Szenerie filmen sollen – was aber nie geschah. Die Verhandlung hat er zwar nicht gesehen, aber gehört: „Es war schrecklich, zahlreiche Beleidigungen flogen hin und her.“

Seit vier Jahrzehnten im Zuffenhäuser Revier

Seit Anfang der 1980er Jahre gehört Mast zum Zuffenhäuser Revier. In dessen Zuständigkeitsbereich kennt den heute 60-Jährigen fast jeder, bei ganzen Generationen von Jugendlichen genießt er einen fast schon legendären Ruf. „Ich werde manchmal behandelt wie ein Rockstar. Fahre ich mit der Stadtbahn, grüßen mich viele“, erzählt er schmunzelnd. Apropos Rockstar: Auch bei älteren Leuten ist er bekannt, da er seine Vorträge in Pflegeheimen oder bei Altenclubs gern mit musikalischen Auftritten würzte. Als passionierter Sänger und Gitarrist spielt er in einem halben Dutzend Bands und sorgt so bei vielen Konzerten für Bombenstimmung.

Mit richtigen Bomben hat er während seiner Dienstzeit glücklicherweise wenig zu tun gehabt. Auch wenn es einmal regelmäßige Anrufe in der Hohensteinschule gab, dass es bald „bumm macht“. Mast kam dem Täter auf die Schliche: Es war ein Schüler, der immer dann zum Hörer griff, wenn seine Klasse eine Arbeit schreiben sollte. „Der Junge hat viel Mist gebaut. Ich habe ihn lange begleitet“, sagt Mast. Irgendwann hat der junge Mann bei ihm angerufen. Nach seiner Abschiebung in den Kosovo war er dort zum Militär eingezogen worden, desertiert und wieder nach Deutschland gekommen: „Werner, ich kann dich leider nicht besuchen, ich bin illegal hier.“

Mit 60 Jahren in den Ruhestand

„Die Kinder waren früher schlauer und wussten, wo ihre Grenzen sind“, beschreibt der Beamte eine der Veränderungen der vergangenen Jahre. Als Polizist habe er besser auf sie einwirken und an ihre Vernunft appellieren können. Das gilt übrigens auch für ihn selbst: Als kleiner Junge hatte er in einem Laden ein Spielzeugauto gestohlen, wurde von seiner Mutter überführt und musste das Auto unter vielen Tränen zurückbringen. „Danach habe ich nie mehr was geklaut.“

Offiziell in den Ruhestand geht Mast am 29. Februar 2020. Seine Nachfolgerin als Präventionsbeamtin, Gabriele Weber, arbeitet er gerade ein. „Sie soll sie selbst sein und nichts kopieren“, sagt Mast und fügt hinzu: „Als Polizist musst du authentisch sein, sonst vertraut man dir nicht.“ Wie das geht, dafür war er vier Jahrzehnte lang selbst das beste Beispiel.