Hat vor seinem Haus in Heidenheim Wahlplakate entwendet: Rogowski Foto: dpa

Der Ex-Industriepräsident Michael Rogowski hat vor seinem Haus Wahlplakate der linksradikalen MLPD entwendet. „Ich stehe dazu“, sagt er. So kennt man den langjährigen Patron des Großmaschinenbauers Voith: Wenn es sein muss, kann er robust hinlangen.

Heidenheim - Im vergangenen März ist er 75 Jahre alt geworden, doch noch immer geht Michael Rogowski keinem Ärger aus dem Weg. So kennt man den langjährigen Patron des Großmaschinenbauers Voith. Wenn es sein muss, kann er robust hinlangen.

Es war nicht zuletzt diese Eigenschaft, die ihn einst bis an die Spitze des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) brachte. Von 2001 bis 2004 führte Rogowski den wohl mächtigsten deutschen Lobbyverein. Es waren Jahre, in denen das Land stagnierte, und der BDI-Chef heizte der zunächst zaghaften rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder kräftig ein.

Längst hat Rogowski mit dem Ex-Kanzler Frieden gemacht. Er lobt dessen mutige Agenda-Reformen, ohne die das Land nicht so gut dastehen würde. Rogowskis aktueller Gegner steht weiter links, und zwar sehr viel weiter links, als es die SPD vor und nach Schröder je war. Es ist die MLPD, die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands.

Schon ein paar Wochen zieht sich die Auseinandersetzung zwischen dem Industriekapitän und der linksradikalen Splittergruppe hin. Es ist eine Art Abnutzungskrieg, und derzeit sieht es nicht gut aus für Rogowski. Die Heidenheimer Polizei ermittelt gegen ihn, wegen Diebstahls.

Alles fing damit an, dass die MLPD am 25. April in der Alfred-Benz-Straße zu Heidenheim Europawahlplakate an jeden Laternenmast hängte. Die Straße ist eine Hauptzufahrt zu Voith, Hunderte Mitarbeiter passieren sie jeden Tag. Aber es ist auch die Straße, in der Michael Rogowski lebt, in einer Villa auf dem Werksgelände.

„Jeden Tag gafft mich der Che Guevara an oder eine Knarre oder sonst irgend ein Spruch, der mich in Rage bringt“, sagt Rogowski unserer Zeitung. „Irgendwann habe ich gesagt, da muss was geschehen. Die Leute haben ja schon gefragt, warum der Rogowski das zulässt. Dann habe ich mir erlaubt, wenigstens die zwei Plakate, die direkt vor unserem Haus hängen, zu entfernen.“ Er habe sie im Keller verstaut, „in der Hoffnung, dass die Geister nicht auferstehen“.

Doch die Geister kehren zurück. Als die MLPD merkt, dass zwei Plakate fehlen, schickt sie einen Helfer. Der rückt am 6. Mai an, will neue Plakate anbringen – und wird von Rogowski zur Rede gestellt. Er hält ihm vor, dass er „so etwas Undemokratisches“ vor seinem Haus nicht dulde. Deshalb habe er ja die Plakate entfernt. Das findet wiederum der MLPD-Mann undemokratisch. Die Plakate hingen mit Genehmigung an städtischen Laternen, sagt er. Und ruft die Polizei.

Die ermittelt nun gegen den Ex-Manager, wie Horst Bauer, Sprecher der Polizeidirektion Ulm, bestätigt. „Es steht der Verdacht des Diebstahls im Raum“, sagt Bauer. Der Sachverhalt werde von der örtlichen Polizei geprüft. Anschließend müsse die zuständige Staatsanwaltschaft Ellwangen entscheiden, ob strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Und: Die abgehängten Plakate seien inzwischen sichergestellt, Rogowski habe sie auf Nachfrage ausgehändigt.

Für die MLPD, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und im Südwesten 500 Mitglieder hat, ist der Fall eine willkommene Wahlkampfhilfe. Genüsslich schildert sie ihn in einer Pressemitteilung. „Normalerweise wirkt die Herrschaft des Kapitals subtiler, als Herr Rogowski das gezeigt hat“, witzelt ihr Sprecher Jörg Weidemann.

Und Rogowski? Er steht zu dem, was er getan hat. „Das habe ich auch in der Vernehmung durch die Polizei gesagt“, sagt er. Und: „Ich kann nur jeden, der demokratische Grundsätze sein eigen nennt, aufrufen, sich gegen solche Strömungen zu wenden, wo immer er kann.“ Vor dem eigenen Haus aber sei das geradezu eine Pflicht. Ihm sträubten sich einfach alle Haare, „wenn Stalin und Mao verherrlicht werden, wenn zur einer neuen Revolution aufgerufen wird, die die Herrschaft des Kapitals unterbinden soll“.

Der Abnutzungskrieg zwischen beiden Parteien geht übrigens weiter. Rogowski: „Die drehen die Plakate so, dass ich genau drauf schaue, wenn ich aus dem Haus trete. Ich drehe sie jedes Mal weg, damit ich sie wenigstens nur von der Seite sehen muss.“