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Festnahme in Möhringen: Zwei 42- und 35-jährige rumänische Tatverdächtige in Haft.  

Stuttgart - Geldautomaten in Stuttgart werden immer öfter manipuliert: Schon jetzt haben die Täter in der Landeshauptstadt mehr Bankomaten ins Visier genommen als im ganzen Jahr 2009. Nun aber wurde endlich ein Duo gefasst.

Zwei Rumänen im Alter von 42 und 35 Jahren sitzen seit dem Wochenende in Untersuchungshaft. Wie die Polizei am Montag mitteilte, wird ihnen vorgeworfen, im großen Stil Kundendaten an Geldautomaten ausgespäht zu haben. Offenbar sind die beiden mutmaßlichen Bankomat-Gauner mit verantwortlich für eine Welle, die derzeit über die Landeshauptstadt schwappt. Der Schaden liegt längst über einer halben Million Euro.

Die Täter hätten wohl einfach das Weite suchen sollen. In einer Bankfiliale an der Filderbahnstraße in Möhringen hatten sie an einem Geldautomaten hantiert, offenbar wollten sie das Bedienfeld aufhebeln. Doch der Apparat schaltete ab. Am Freitag um 11.40 Uhr wurden Beamte des zuständigen Kripo-Dezernats herbeigerufen, um Spuren zu sichern.

Einer der Polizisten bemerkte zwei Männer in der näheren Umgebung verdächtig herumstehen. "Bei einem hatte der Beamte das Gefühl, ihn von einem Fahndungsfoto her zu kennen", sagt der Stuttgarter Polizeisprecher Jens Lauer. Das Foto war sozusagen blitzfrisch, war in der Nacht zum 9.Mai in genau dieser Bankfiliale gemacht worden. Unbekannte Männer hatten am Kartenschlitz ein eigenes Lesegerät für die EC-Karte angebracht und die Geheimzahl per Kamera oder per eigenem Tastenfeld ausspioniert. Die ausgespähten digitalen Daten wurden von Komplizen auf Kartendubletten kopiert - und an ausländischen Geldautomaten eingesetzt.

Die Ausbeute in diesem Fall: Von den Konten von 52 Bankkunden wurde drei- bis fünfmal abgehoben. "Der Schaden allein hier liegt bei über 50.000 Euro", sagt Lauer. Das Gesicht auf dem Foto der Überwachungskamera war offenbar so einprägsam, dass sich der Kripobeamte beim Anblick der Zaungäste knapp drei Wochen später sofort erinnerte. Die Verdächtigen wurden kontrolliert - Treffer.

Betrug mit Original-Teilen der Automaten

Die Ermittler durchsuchten den Mietwagen und das Hotelzimmer der Verdächtigen - und stießen auf elektronische Kartenlesegeräte, einen tragbaren Computer, einen Bohrer, mehrere Rechnungen. Demnach dürften einer oder beide zumindest auch in Kirchheim unter Teck, in Schwäbisch Hall und in Rastatt zugeschlagen haben.

Der Kirchheimer Fall vom 2. Mai ist durchaus bemerkenswert: Die Täter drangen in zwei Filialen unterschiedlicher Geldinstitute ein, hebelten die Eingabetastaturen der Geldautomaten heraus. Offenbar sollten die Originalteile umgebaut und für spätere Fischzüge verwendet werden. Schon in den Wochen davor war bei Taten in Fellbach oder Sindelfingen aufgefallen, dass Bankomat-Gauner dazu übergehen, Originalteile von Automaten zur Wiederverwertung verschwinden zu lassen.

In Stuttgart sind die Fallzahlen der Straftat, die in Fachkreisen Skimming (englisch: abschöpfen) genannt wird, regelrecht explodiert: 38 Automaten wurden bisher angegriffen - im gesamten Jahr 2009 waren es lediglich 26. Und 2008 nur sieben. Besonders über die Osterfeiertage rollte die Welle der Manipulateure. Bis Ende April musste die Stuttgarter Polizei mehr als 400 Fälle registrieren, mit mehr als 500.000 Euro Schaden. "Mit den noch nicht endgültig erhobenen Zahlen vom Mai geht der Schaden bereits in Richtung einer Million", so Lauer.

Offenbar müssen sich die Täter beeilen. Bis Ende 2010 sollen die Automaten in ganz Europa auf die Chiptechnologie umgerüstet sein. Die Quote der Zahlungskarten mit goldenem Chipeinsatz in Deutschland liegt nach Angaben der Euro-Zahlungssysteme GmbH derzeit bei über 60 Prozent.

Die Ermittler vermuten, dass es sich bei dem 42-jährigen Rumänen um den Hauptverdächtigen handelt. Für die jüngste Tat war er bereits an Pfingstmontag eingereist. Der Verdächtige ist seit zwei Jahren regelmäßig in Deutschland, taucht alle sechs bis acht Wochen auf. Bisher war er polizeilich nicht aufgefallen - doch das ändert sich nun. Die Ermittler glauben, dass er noch mehr auf dem Kerbholz hat. Seit März häuften sich auf den Fildern die Fälle, wobei ein Geldinstitut besonders beliebt zu sein schien. Die Täter plünderten die Konten der Opfer bevorzugt von Italien aus.