Schattenfrauen und -männer: Der Innenminister feiert die größte Einstellungsoffensive der Polizei, doch im Vergleich zur wachsenden Bevölkerung des Landes schrumpft dessen Polizei. Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich/IMAGO/Arnulf Hettrich

Nirgendwo in Deutschland schützen seit Jahren weniger Polizisten die Menschen als in Baden-Württemberg. Doch der Innenminister feiert tapfer die „größte Einstellungsoffensive“ in der Polizeigeschichte des Landes.

Als hätte es Baden-Württembergs Chef-Polizeigewerkschafter genial inszeniert: Gundram Lottmann spricht von sinkenden Bewerberzahlen bei der Polizei, jeder sechste Polizeischüler quittiere den Dienst. Der Südwesten hat seit Jahren die deutschlandweit niedrigste Zahl an Polizisten, die jeweils 100 000 Menschen betreuen. Und dann sabotieren genau zeitgleich bisher Unbekannte das Kommunikationsnetz der Deutschen Bahn: Zugausfälle, ein noch nicht bezifferter volkswirtschaftlicher Schaden, geschürte Unsicherheit in der Bevölkerung.

Schon aus diesem Grund ist die Forderung der Gewerkschaft der Polizei berechtigt, in der nächsten Dekade jährlich 600 Polizisten zusätzlich zu denen einzustellen, die pensionierte Beamte ersetzen sollen. Klimawandel, Schutz kritischer Infrastruktur, Cyberkriminalität, Spionage sind als Zusatzaufgaben für die Polizei seit Jahren vorhersehbar. In Baden-Württemberg treffen sie auf eine Polizei, die – ähnlich der Bundeswehr – von der Politik kaputtgespart wird.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) feiert sich selbst wegen der „größten Einstellungsoffensive bei der Polizei“. Mit der wurden es gerade einmal 145 Polizisten mehr. Strobl verkennt: Weder die Menschen in Baden-Württemberg noch ihre Polizisten sind so dumm, diese Kluft zwischen Politiksprech und Realität nicht zu bemerken. Sie wissen, sie sind am schlechtesten von allen Bundesländern mit Polizisten versorgt.