Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz bei ihrer ersten Vernehmung im Untersuchungsausschuss Ende Februar. Foto: dpa/Marijan Murat

Es geht um Sektrunden im Innenministerium und Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den höchsten Polizeibeamten im Land. Vor dem Untersuchungsausschuss räumt die Landespolizeipräsidentin ein, Dinge heute anders zu machen. In einem Punkt sieht sie weiterhin keine Versäumnisse.

An einer Stelle versucht die Landespolizeipräsidentin, keine Zweifel aufkommen zu lassen. „Es sind 87 Fälle, und jeder einzelne davon ist einer zu viel. Und das gilt erst recht für den Inspekteur der Polizei“, sagte Stefanie Hinz am Montag bei ihrer Aussage vor dem Untersuchungsausschuss des Landtag zum Umgang mit Verdachtsfällen wegen sexueller Belästigung bei der Polizei. Die Botschaft: Bei der Polizei wird jeder Verdacht auf sexuelle Belästigung streng geahndet. Dabei räumt die Landespolizeipräsidentin ein, dass sie in einem ganz konkreten Fall Dinge heute anders machen würde.

In dem Ausschuss geht es um den Verdacht der sexuellen Belästigung gegen den Inspekteur der Polizei, der im April auch vor Gericht verhandelt wird. Der Fall hat zum Untersuchungsausschuss und der Frage geführt, wie die Landesbehörden insgesamt mit sexueller Belästigung umgehen. Daneben sind die Beförderungen bei der Polizei und mögliche Fehler von Innenminister Thomas Strobl (CDU) Thema.

Schärfstes Schwert gezückt?

Die Landespolizeipräsidentin betonte, dass sie im Disziplinarverfahren gegen den Inspekteur sehr konsequent gehandelt habe. „Ich habe das schärfste Schwert gegen ihn gerichtet. Ich habe das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte gegen ihn ausgesprochen“, sagte sie. Außerdem habe sie „unverzüglich“ die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Unverzüglich hieß in dem Fall sieben Tage, nachdem sie von den Vorwürfen erfahren hatte. Hinz hatte nach eigenen Worten an einem Mittwoch im November 2021 von dem Verdacht erfahren. Erst nachdem sie das mutmaßliche Opfer angehört und interne Schritte wie das Disziplinarverfahren eingeleitet hatte, ging der Fall an die Staatsanwaltschaft. „Für mich ist das unverzüglich“, sagte Hinz. Die Opposition sieht das anders: SPD-Obmann Sascha Binder hält das Vorgehen für „nicht unmittelbar und tatkräftig“.

Die Obfrau der FDP-Fraktion, Julia Goll, meldete Zweifel an, ob tatsächlich das „schärfste Schwert“ gezückt worden sei. Auch beim Vorgehen gegen sexuelle Belästigung sieht sie noch Luft: „Ob da wirklich mit dem nötigen Elan an der Sache gearbeitet wird, für potenzielle Betroffene Unterstützung zu leisten, da mache ich auch einige Fragezeichen dahinter.“ Laut einem Sprecher arbeitet das Innenministerium an einer Dienstvereinbarung, die bis Sommer fertig sein soll.

Fehler eingeräumt

Dabei räumte Hinz ein, dass sie heute Dinge anders machen würde. Sie hatte bereits beschrieben, wie sie zu einem Gespräch zwischen dem Inspekteur und der Frau gekommen war, die später die Vorwürfe erhob. Es war zunächst um die Vorbereitung für ein Auswahlverfahren für den höheren Dienst gegangen. Als Hinz hinzustieß, waren die beiden zum Sekt übergegangen. Hinz setzte sich dazu, anstatt einzuschreiten. Vor dem Hintergrund der später bekannten Geschehnisse würde sie das heute deutlich restriktiver handhaben, sagte sie nun.

Und noch in einem anderen Punkt räumte sie Fehler ein. So war im Ausschuss berichtet worden, der Inspekteur habe die Mitglieder des Spezialeinsatzkommandos (SEK) als „in Strampelanzügen nett aussehende Jungs“ bezeichnet. „In der Rückschau hätte ich diesbezüglich konsequenter sein können“, sagte Hinz. „Ich habe sehr großen Respekt vor der Arbeit, die das SEK macht.“

Grünen-Obmann Oliver Hildenbrand rechnet ihr an, dass sie klar gegen sexualisierte Gewalt auftritt. Damit habe sich die Landespolizeipräsidentin nicht nur Freunde gemacht. Es wäre daher ein „schlechter Witz“, wenn vor diesem Hintergrund und der nicht divers genug aufgestellten Polizeiführung ausgerechnet eine weibliche Landespolizeipräsidentin darüber stolpern würde.

Prozess und Ausschuss

Landtag
Der Untersuchungsausschuss dürfte so schnell kein Ende nehmen. Bisher sind Termine nur bis zur parlamentarischen Sommerpause festgelegt. Doch das wird auf keinen Fall reichen. Die Liste der Zeugen umfasst inzwischen gut 50 Namen. Sieben Zeugen sind seit September erst befragt worden. Gut möglich, dass der Ausschuss bis ins nächste Jahr reicht.

Gericht
Der Prozess gegen den vom Dienst freigestellten obersten Polizisten des Landes soll vom 21. April an vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt werden. Den Ermittlungen zufolge soll er in Stuttgart eine Polizeibeamtin sexuell belästigt haben – im Gegenzug für Karrierevorteile. Sein Anwalt hatte angekündigt, für einen Freispruch zu kämpfen.