Im Stuttgarter Landtag tut sich einiges. Foto: Leserfotograf lool

Landtag muss in den nächsten Wochen den neuen Machtverhältnissen angepasst werden.

Stuttgart - Am deutlichsten sichtbar wird der politische Umbruch in Baden-Württemberg an der Regierungsbank im Landtag. Der erste grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird nach seiner Wahl am 12. Mai einer geschlossenen Phalanx aus CDU-Abgeordneten gegenüber sitzen. Denn der Platz des Regierungschefs ist - wie im Bundestag - traditionell auf der rechten Seite des Parlaments. Aber da wird im Landtag künftig auch die Opposition sitzen, wohin die Wähler nach gut einem halben Jahrhundert die Südwest-CDU geschickt haben.

Zwar gab es in den Reihen der Grünen Überlegungen, Kretschmann auf die andere Seite des Plenarsaals umziehen zu lassen. Aber der wertkonservative bisherige Fraktionschef wischte diese Pläne vom Tisch und ordnete sich den Gepflogenheiten unter.

Umbaumaßnahmen unter Hochdruck

Durch die um einen Monat verkürzte Legislaturperiode kommen die Handwerker mächtig unter Druck. Denn nach früheren Wahlen trat das Parlament erst im Juni zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Nun nehmen die Abgeordneten schon im Mai ihre Arbeit auf. Damit können zunächst nur die ersten beiden Reihen im Plenarsaal umgebaut werden. Ganz vorne sitzen bei den künftigen Regierungsfraktionen Grüne und SPD dann je drei Parlamentarier, bei der CDU fünf und bei der FDP einer. Die übrigen Plätze werden in der Sommerpause verändert, wie Landtagsdirektor Ulrich Lochmann erläutert.

Ein besonders delikates Problem ergab sich bei den Hinterbänklern. Denn an der Nahtstelle zwischen der künftigen Regierungsfraktion Grüne und der neuen Oppositionsfraktion FDP müssten sich eigentlich zwei Abgeordnete beider Parteien eine Bank teilen. Dies wäre vor allem den Liberalen kaum zuzumuten. Schließlich wurde die seit 1996 mitregierende FDP in ihrem Stammland halbiert und kam gerade noch mit 5,3 Prozent und sieben Abgeordneten in den Landtag, während die Grünen ihr Ergebnis von 11,7 auf 24,2 Prozent verdoppelten und nunmehr 36 Abgeordnete stellen. Deshalb wird dem FDP-Abgeordneten in der letzten Reihe ein Einzelplatz zugestanden. Ein Grüner rückt mit einem SPD-Parlamentarier zusammen und die Sozialdemokraten bekommen an der linken Seite noch einen Einzelplatz.

FDP zieht unters Dach

Wie demütigend der Wahlausgang am 27. März auf die FDP wirken muss, wird deutlich, wenn man weiß, dass die Fraktion im Abgeordnetenhaus ihre bisherigen Büros aufgeben und unter das Dach ziehen muss. Seither hatten die Liberalen eine Etage mit den Grünen geteilt. Aber die künftige Regierungsfraktion braucht nun das ganze Stockwerk. Die Wand, die den Fraktionssitzungssaal der FDP von dem der Grünen trennte, wird eingerissen, damit die 36 Grünen-Abgeordneten die gesamte Fläche nutzen können.

Wie teuer die gesamten Umbauarbeiten werden, ist noch offen. Das lasse sich erst nach der Sommerpause absehen, erklärt Lochmann. Und vielleicht beschließt auch das neue Landtagspräsidium, die seit langem schwelende Debatte über einen Umzug von Parlamentariern ins Neue Schloss wieder aufzunehmen, weil deren Räume ohnehin schon aus allen Nähten platzen. „Demokratie kostet auch Geld“, meint der Landtagsdirektor.