Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka auf einer Pressekonferenz in Prag. Foto: CTK

Weil Finanzminister Andrej Babis in den vergangenen Jahren Steuerzahlungen umgangen haben soll, tritt die tschechische Regierung überraschend zurück. Dies kündigte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka am Dienstag an.

Prag/Stuttgart - Die tschechische Regierung tritt überraschend zurück. Es bestehe der Verdacht, dass Finanzminister Andrej Babis in der Vergangenheit Steuerzahlungen umgangen habe, sagte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka am Dienstag. Er werde noch in dieser Woche Präsident Milos Zeman treffen, um den Rücktritt offiziell einzureichen.

Der Schritt macht die Spannungen in der Regierungskoalition rund sechs Monate vor der Parlamentswahl deutlich. Babis ist der zweitreichste Bürger des Landes. Er führt eine gemäßigte Bewegung an, die als Favorit für die Wahl im Oktober gesehen wird. Sobotkas Sozialdemokraten liegen weit dahinter. Drittes Mitglied der Regierungskoalition, die 2014 gebildet wurde, sind die Christdemokraten.

Rücktritt „einzig vernünftige Lösung“

Sobotka erklärte, er hätte Babis auch entlassen können. Damit hätte sein Rivale aber mehr Zeit für den Wahlkampf bekommen. „Darum habe ich mich für die einzig vernünftige Lösung entschieden und das ist der Rücktritt der Regierung“, sagte der Ministerpräsident während einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. „Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik steht auf dem Spiel.“ Die Koalition bekomme nun die Chance, eine neue Regierung ohne Babis zu bilden. Das Parlament kann allerdings auch eine Neuwahl ausrufen.

Weder Babis noch Präsident Zeman äußerten sich zum Rücktritt der Regierung. Zeman kommt eine besondere Rolle zu, weil er nun einen neuen Ministerpräsidenten ernennen kann.

Babis’ Politische Bewegung ANO 2011 war bei der Parlamentswahl 2013 zweitstärkste Kraft geworden. Sie hatte den Kampf gegen Korruption in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs gestellt. Ihr Gründer wird auch als „tschechischer Berlusconi“ bezeichnet, nach dem italienischen Medienunternehmer und langjährigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.