Eine der zahlreichen Reisen führte 2013 nach Kiew – in der Mitte vorn (im grünen Anorak) Gudrun Senta Wilhelm. Foto: privat

Nach 15 erfolgreichen und bewegten Jahren gibt Gudrun Senta Wilhelm, die Präsidentin des Vereins Politik mit Frauen, ihr Amt ab. Bei der Mitgliederversammlung im September wird sie eine Nachfolgerin vorschlagen.

Kirchberg - Wohl jeder, der die Kirchberger Kommunalpolitikerin und Kreisrätin Gudrun Senta Wilhelm kennt, würde den Begriff „Netzwerkerin “ als passend für ihre Persönlichkeit empfinden. Denn die heute 67-Jährige hat genau auf diesem Gebiet ihr Talent ausgebreitet. Die Frau versteht es wie wenige andere, sich die geeigneten Leute ins Boot zu holen: mit Cleverness und unermüdlich scheinendem Einsatz. Eine Eigenschaft, die sie auch von anderen einfordert. Seit 2003 bringt sie im Verein „Politik mit Frauen“ (PmF), Gewiefte und Erfahrene mit weniger Erfahrenen oder gar Polit-Neulingen zusammen. Sie schafft Verbindungen, oft über die Landesgrenze hinweg, und erzeugt dabei ein Gefühl von Gemeinsamkeit, wo es zuvor oft keines gab, und motiviert durch eine wertschätzende, freundliche Art. Auf dieser Ebene des überparteilichen und überkonfessionellen Miteinanders hat sie erreicht, dass der Verein wächst und wächst, obwohl auch er von einem Kommen und Gehen der Mitglieder gekennzeichnet ist. Was 2003 mit einem Mentoring-Projekt für Nachwuchs-Kommunalpolitikerinnen begonnen hat – damit der Frauenanteil in der Politik steigt – , steht heute als Verein mit über 300 Mitgliedern da.

Streitbar und hartnäckig

Gudrun Senta Wilhelm ist streitbar und hartnäckig, der Sache wegen. Ihre klaren Positionen äußert sie frank und frei, verzichtet dabei jedoch nicht auf eine von Anstand getragene Auseinandersetzung. Wichtig ist ihr die selbstverständliche Verankerung von Frauen in der politischen Landschaft und die Förderung von deren Selbstbewusstsein.

Und jetzt soll das alles aufhören? Offensichtlich ja, denn Gudrun Wilhelm hat sich entschieden, die Aufgabe und Verantwortung, die sie – mit lediglich dreijähriger Unterbrechung – insgesamt 15 Jahre lang mit Leidenschaft wahrgenommen hat, in andere, jüngere Hände zu legen. „Und weil man das Feld bereiten muss, damit es gut weiter läuft“, geht die Präsidentin keineswegs unvorbereitet. Sie schlägt ihren Vereinsmitgliedern, die sich am 13. September zur ordentlichen Mitgliederversammlung treffen, bereits eine Nachfolgerin vor, die sie auf Herz und Nieren getestet hat. Denn schließlich „sollte sich diejenige bereits im Vorfeld hervorgetan und gezeigt haben, dass sie PmF auch wirklich interessiert“, gibt Wilhelm ihre Überzeugung preis. „Wenn der Verein überleben will, muss er zeitgemäß aufgestellt sein, sollte zeitgemäße Funktionäre haben, die wiederum andere Zielgruppen ansprechen. Ich wünsche mir, dass wir den Elan der jüngeren Generation nutzen“, sagt sie nachdenklich. Ob sich die Mitglieder ihrer Empfehlung anschließen, wird der demokratische Prozess der Präsidentinnen-Wahl zeigen. „Natürlich hat jede interessierte Frau das Recht, ihren Hut in den Ring zu werfen“, sagt die 67-Jährige, die auf eine bewegte Geschichte und zahlreiche Vereinsaktivitäten zurückblickt. Etwa auf die vielen Reisen, die die Mitgliederfrauen über den eigenen Partei-Tellerrand haben blicken lassen und die reichlich Chancen für den Austausch boten. So etwa 2013 in Kiew, wo sie sich mit dem dortigen Bürgermeister Vitali Klitschko trafen. Oder die Fahrt nach Straßburg, wo der Besuch des Europaparlaments auf dem dreistündigen Programm stand. Die Direktorin im Verband Region Stuttgart, Nicola Schelling, hat den Frauen die Arbeit des Regionalparlaments vorgestellt, und auch ein Besuch beim Bundesgerichtshof hinterließ tiefen Eindruck. Die Porzellan-Manufaktur in Meißen war ebenso Ort eines Vernetzungstreffens, wie es die Brauerei Goldochsen war: die erste Begegnung mit einer Geschäftsführerin. Stets mit dem Blick auf das gerichtet, was die Mandatsträgerinnen interessiert – Nachhaltigkeit etwa.

Andere Zielgruppen im Blick

Mitgliederversammlung im Stuttgarter Landtag

Ein Besuch bei der Brüsseler EU-Kommission stand ebenso auf der Liste der Aktivitäten wie der Handshake mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann in der Villa Reitzenstein. Und auch der SWR freute sich über die wissensdurstigen Frauen: Mit Landessendedirektorin Susanne Schneider gab es einen lebhaften Austausch. Dass der Verein eine Mitgliederversammlung im Stuttgarter Landtag abhalten konnte, erfüllt Gudrun Wilhelm bis heute mit Stolz.

Kommunal- und Regionalpolitikerin mit langem Atem

Gudrun Senta Wilhelm
wird 1954 in Marbach geboren. Die gelernte Bankkauffrau ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ihre Freizeit ist lange Jahre geprägt vom Sport, besonders vom Marathon-Laufen. Sie gründet 1983 einen Lauftreff, ist 16 Jahre Lauftreffleiterin und auf Landesebene in der Lauftreffleiterausbildung engagiert.

Politisches und kulturelles Engagement
1994 wird sie auf Anhieb in den Kirchberger Gemeinderat gewählt. Wilhelm ist seit 1999 Kreisrätin und war von 2014 bis 2019 Regionalrätin im Verband Region Stuttgart. 1996 wird der Kirchberger Heimat- und Kulturkreis gegründet; Wilhelm ist 11 Jahre dessen Vorsitzende. Über 20 Jahre ist sie Vorsitzende des FDP Ortsverbandes Backnanger Bucht.



PmF-Präsidentin
2003 gründet Gudrun Senta Wilhelm mit anderen Mandatsträgerinnen den Verein Politik mit Frauen und ist 15 Jahre deren Präsidentin. 2014 gründet sie ihre eigene Liste, die Freie Liste Kirchberg, die paritätisch mit Frauen und Männern besetzt ist. Auf Anhieb schaffen es drei Kandidaten in das Kommunalparlament, darunter Wilhelm. 2019 sind bereits acht von 14 Freie-Liste-Kandidaten weiblich. 2016 wird Gudrun Senta Wilhelm das Bundesverdienstkreuz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann überreicht.