Die Bundesregierung sagt, dass ohne Staatshilfen die Flugzeuge von Air Berlin am Boden bleiben müssen – mit unabsehbaren Folgen für Urlauber. Foto: dpa

Noch vor einigen Wochen hat sich der Bund gegen Beihilfen für die nun insolvente Fluggesellschaft gesperrt. Familienunternehmer sehen die Staatsbeihilfen kritisch.

Berlin - Die Bundesregierung hat bei den Staatshilfen für die inzwischen insolvente Fluggesellschaft Air Berlin eine 180-Grad-Wende vollzogen. Während die Regierung vor der Insolvenz noch den Standpunkt vertreten hat, dass Sanierungsbeihilfen abzulehnen sind, wurden diese Bedenken quasi über Nacht fallengelassen. Das Bundeswirtschaftsministerium begründete diesen Sinneswandel damit, dass mit dem Überbrückungskredit der Flugverkehr von Air Berlin aufrecht erhalten werden soll. Ohne Staatsbeihilfen wäre die Rückkehr von Zehntausenden von Urlaubern in die Heimat ungewiss gewesen, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig im ZDF. Die Entscheidung für Hilfen für das angeschlagene Unternehmen fiel innerhalb von zwei Tagen.

Am Freitagabend erfuhr die Bundesregierung, dass der Großaktionär Etihad Airways keine weiteren Finanzmittel zur Verfügung stellt. Daraufhin wurde in der Regierung fieberhaft verhandelt. Am Montag stand die Entscheidung fest, dass Air Berlin Staatsgeld erhält.

Vor einigen Wochen hatte der Bund noch Bedenken

Dabei hatte das Bundeswirtschaftsministerium noch im Juni hohe Hürden für staatliche Hilfen gesehen. In einem Bericht an den Wirtschaftsaussschuss des Bundestages hieß es damals: „Insbesondere ist zu bewerten, ob ein betriebswirtschaftlich tragfähiges Zukunftskonzept vorliegt, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass die Bürgschaft schadensfrei zurückgegeben wird und nicht den Bundeshaushalt belastet.“ Vor zwei Monaten bezeichnete Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) die Lage von Air Berlin als prekär. Das Unternehmen zog danach den Antrag auf Staatshilfen zurück. Air Berlin begründete das mit angeblichen Fortschritten bei der Sanierung.

Nach den Regeln für Gewährleistungen des Staates darf die öffentliche Hand nur Bürgschaften vergeben, wenn gute Aussichten bestehen, dass das Geld der Steuerzahler zurückbezahlt wird. Obwohl Air Berlin Insolvenz angemeldet hat, stellt die Regierung eine positive Prognose aus. Das Bundesfinanzministerium erklärte, beim Überbrückungskredit an Air Berlin handele es sich um einen sogenannten Massekredit, der nach einer Pleite bevorrechtigt bedient werden muss. Der Bund sei damit gegenüber den anderen Gläubigern des Unternehmens in einer privilegierten Situation. Hätte der Staat vor der Insolvenz Sanierungsbeihilfen bewilligt, hätte er nicht auf einen bevorrechtigten Status hoffen können, erklärte das Bundesfinanzministerium. Die Bundesregierung verweist darauf, dass insbesondere die Flugrechte des Unternehmens das Darlehen absichern sollen. Der Kredit soll von der staatseigenen KfW-Bank ausbezahlt werden. Der Bund übernimmt hierfür eine 100-prozentige Bürgschaft.

Kritik auch aus der Unionsfraktion

Die Kunden von Air Berlin werden für die Entscheidung der Politik zwar dankbar sein. Dennoch äußern sich einzelne Politiker und Verbände kritisch. Der Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, sagte dieser Zeitung: „Das ist ein ordnungspolitischer Sündenfall.“ Es bestehe zwar Hoffnung, dass der Steuerzahler das Geld wiedersehen wird. Dennoch handele es sich um einen staatlichen Eingriff in den Markt. Pfeiffer warnte vor einer Dauersubvention. „Das kann nur eine einmalige Aktion sein, um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.“

Kritik übte auch der Wirtschaftsverband Die Familienunternehmer. Dessen Präsident Reinhold von Eben-Worlée sagte: „Wir Familienunternehmer sehen Staatsbeihilfen kritisch.“ Air Berlin habe schon lange Verluste eingeflogen. Es sei unverständlich, warum die Steuerzahler mit 150 Millionen Euro ins Risiko gezwungen würden. „Es sollten gleiche Regeln für alle Unternehmen gelten, alles andere ist Wettbewerbsverzerrung“, sagte Eben-Worlée.

Der Bund der Steuerzahler rief die Bundesregierung auf, bei der Kreditgewährung auf Sicherheiten zu achten. „Die wertvollen Landerechte der Fluggesellschaft müssen als Pfand für den Steuerzahler dienen“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel. Außerdem müsse die Politik klar machen, dass die Hilfen für die Passagiere und nicht für die Fluggesellschaft bestimmt seien.