So sieht das erste Strukturkonzept für das interkommunale Gewerbegebiet aus. Foto: STZ-Grafik

Hitzige Debatten verspricht der Streit um den Gewerbepark Fils, den Ebersbach und Uhingen anstreben. Kritiker sorgen sich um Lärm, Verkehr und Zersiedelung.

Göppingen - In Uhingen hängt nach den Querelen um das Wohngebiet Weilenberger Hof erneut der Haussegen schief. Diesmal begehren Bewohner im Ortsteil Diegelsberg auf, weil ihnen die Kommune gemeinsam mit der Nachbarstadt Ebersbach den interkommunalen Gewerbepark Fils vor die Nase bauen will.

Die beiden Bürgermeister wollen den Gewerbepark ausweisen

Stärkt ein solcher Park tatsächlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kommunen, wie es die beiden Bürgermeister Matthias Wittlinger (Uhingen, CDU) und Eberhard Keller (Ebersbach, SPD) postulieren? Ist er die Lösung für die Ebersbacher Geldsorgen? Und wie viele zusätzliche Arbeitsplätze rechtfertigen eine weitere Zersiedlung im nahezu komplett verbauten unteren Filstal, die der Chefplaner des Regionalverbandes, Thomas Kiwitt, empfiehlt? Hitzig werden könnte es, wenn am Mittwoch, 16. Mai von 19.30 Uhr an in der Turnhalle im Uhinger Ortsteil Nassachmühle die Bürger über das Projekt informiert werden sollen und die Bürgerinitiative Kein Gewerbepark Fils Position bezieht.

Kritiker warnen vor Debatten hinter verschlossenen Türen

Ob die Zwangsehe, wie Wittlinger das gemeinsame Projekt samt dem eilig gegründeten Zweckverband, dem er vorsitzt, bezeichnet, das Zeug zur Liebesheirat hat, scheint ungewiss, denn bis jetzt gibt es mehr Fragen als Antworten. Nach zwei Bürgerinformationsrunden werfen Kritiker den Akteuren mangelnde Transparenz vor und fürchten, die inhaltlichen Debatten könnten in den Zweckverband verlagert werden, der berechtigt ist, Grundstücke zu erwerben und zu veräußern, Unternehmen anzusiedeln sowie Gebäude und Anlagen zu errichten.

Einen Vorgeschmack bot die erste Verbandsversammlung Anfang dieser Woche, deren öffentlicher Teil zum Unmut der versammelten Bürger bereits nach 15 Minuten beendet war. Er verstehe die Sorge derer, die sich zu Recht fragten, wie viel Lärm und Verkehr von so einem Gewerbepark ausgehen könnten. Und „es wäre gelogen zu sagen, der Gewerbepark hat keine Auswirkungen. Aber die Nachteile werden im zumutbaren Rahmen bleiben, wir halten die gesetzlichen Grenzwerte ein“, kündigt Wittlinger an, der sich eine sachliche Debatte ohne Dramatisierung wünscht. Im Übrigen sei es Aufgabe der beiden Gemeinderäte, dies politisch abzuwägen, wenn im kommende Jahr über den Bebauungsplan für den Gewerbepark diskutiert wird. Ihm sei wohl bewusst, dass es sich hier um eine der letzten verfügbaren Flächen handle.

Während die beiden Kommunen nun die Änderung des Flächennutzungsplans eingeläutet haben, melden sich immer mehr kritische Stimmen. Mitglieder der Bürgerinitiative warnen vor mehr Lärm und Verkehr in den idyllischen Ortsteilen Nassachtal und Diegelsberg. Gefragt wird auch nach den Kosten. Kritiker fürchten, der Park werde erst nach zehn bis 15 Jahren schwarze Zahlen schreiben und die Kommunen zuvor Millionen von Euro kosten.

Die SPD in Uhingen fordert eine wirtschaftliche und ökologische Diskussion

Neue Fakten versprechen Keller und Wittlinger bei der Bürgerinformation am 16. Mai. Dann sollen die Ergebnisse der Gutachten zu Lärm, Klima und Verkehr vorgestellt werden. „Diese Ergebnisse hätten wir gerne abgewartet“ kommentiert das die Uhinger SPD-Gemeinde-, Kreis- und Regionalrätin Susanne Widmaier, der es mit der Zweckverbands-Gründung deutlich zu schnell ging. Und ihre Fraktionskollegin Beate Grünenwald sagt, dabei sei das Pferd von hinten aufgezäumt worden. Deshalb habe die SPD-Fraktion im Gemeinderat 2017 gegen die Zweckverbandsgründung gestimmt. Sie wünsche sich endlich eine Debatte über die Frage, ob der Gewerbepark wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll sei. „Vielleicht sollte man ja aufhören zu planen“, überlegt sie angesichts der endlichen Flächen im Filstal.

In der Region Stuttgart wird der Platz knapp

Hohe Akzeptanz schon im Vorfeld genießt das Projekt dagegen beim Verband Region Stuttgart, denn im Ballungsraum würden 110 Hektar Gewerbeflächen pro Jahr gebraucht, sagt eine Studie der regionalen Wirtschaftsförderung. „Der Kern der Region ist ausverkauft“, klagt der Regionalplaner Kiwitt mit Blick auf die dichte Besiedelung. Man suche händeringend weiter außen im Speckgürtel – auch, weil ein großer regionaler Gewerbeschwerpunkt von 75 Hektar entlang der Autobahn 81 im Kreis Ludwigsburg am Widerstand der Kommune Pleidelsheim gescheitert sei.

Die Region laufe Gefahr, Zukunftsentwicklungen im Bereich Digitales und der Automobilindustrie nicht abbilden zu können. Platz fehle für großflächige Industrie und Logistik, fasste unlängst die Stabsstelle Wirtschaftsförderung der Stadt Göppingen zusammen. Das ruft Wittlinger auf den Plan, der für die CDU im Kreistag sitzt und vor fünf Jahren die Wahl zum Regionaldirektor knapp verfehlte. Er hofft, der „Kreis wird weiter aufholen in der Region“. Nicht zuletzt der starke Zuzug der vergangenen Jahre zeige die steigende Attraktivität des Kreises, der seine Infrastruktur in den Bereichen Bildung, Betreuung und Kultur ausgebaut habe.

Donzdorf und Geislingen sind ebenfalls im Rennen

Noch verfügt der Stauferkreis mit dem 20 Hektar großen interkommunalen Gewerbepark Lautertal bei Donzdorf über wenige Platzreserven, und selbst der von Ansiedlern lange verschmähte Geislinger Gewerbepark Schwäbische Alb (Endausbauziel: 44 Hektar) kann mit einem 20 000 Quadratmeter großen Logistikcenter punkten. Der rund 18 Hektar umfassende Gewerbepark Fils, der in Verlängerung des Ebersbacher Gewerbegebiets Strut innerhalb von zehn Jahren besiedelt werden könnte, solle in erster Linie dem örtlichen Bedarf dienen, sagt Wittlinger.

„Der Gewerbepark bietet beiden Städten die Chance, neue attraktive Arbeitsplätze anzusiedeln“, ergänzt sein Ebersbacher Kollege. Das sei auch ein Standortfaktor für Firmen, die im Wettbewerb um Fachkräfte punkten müssten. Und Keller unterstreicht den Reiz kurzer Wege: „Wohnortnahe Arbeitsplätze bedeuten auch eine höhere Lebensqualität für die Arbeitnehmer.“ Kürzere Wege zur Arbeit bedeuten mehr Zeit für die Familie, den Verein oder das Gemeinwesen. Weniger Pendlerverkehr reduziert aber auch die Luftbelastung, vor allem beim Feinstaub.