An der Steinbeisstraße leben Menschen unterschiedlichster Nationen. Foto: Natalie Kanter

Leinfelden-Echterdingen stellt dem Landkreis Esslingen ein Grundstück an der Oberaichener Steinbeisstraße zur Verfügung und schafft so Platz für Flüchtlinge.

Oberaichen - Seit Dienstagabend steht fest: An der Steinbeisstraße und damit mitten im Gewerbegebiet von Oberaichen wird der Landkreis Container für frisch eingereiste Flüchtlinge aufstellen. Bis zu 48 Menschen in Not erhalten in den Behelfsunterkünften ein Dach über dem Kopf. Sie sollen dort spätestens im Frühjahr 2014 einziehen. Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt werden sich um die frisch Eingereisten kümmern.

L.-E. stellt das Grundstück zunächst fünf Jahre zur Verfügung. Der Vertrag kann um drei Jahre verlängert werden. Diese Option ist ein Kompromiss. Der Landkreis wollte das Gelände laut Bürgermeister Alexander Ludwig eigentlich zehn Jahre lang pachten. Die Stadt erhält vom Kreis eine Pacht von 10 000 Euro pro Jahr. Die Verwaltung soll zudem für die Zukunft Standorte für weitere Unterkünfte suchen. Und das möglichst außerhalb von Oberaichen.

Das sind die Fakten. Der Gemeinderat ist in seiner Sitzung dem Vorschlag der Verwaltung mehrheitlich gefolgt. Dem Votum ging allerdings eine lange Diskussion voraus. Denn der Standort Steinbeisstraße ist aus Sicht einiger Mandatsträger alles andere als optimal – auch wenn er mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen ist und die Verwaltung dort schnell Baurecht schaffen kann. Die Verwaltung musste sich die Kritik gefallen lassen, das Gremium nicht rechtzeitig und nicht ausführlich genug informiert zu haben. Sie habe nicht richtig nach anderen Standorten gesucht.

Die CDU-Fraktion stellte in der Sitzung den Antrag, den Vertrag zunächst auf fünf Jahre zu begrenzen. „Wir sehen die Not des Kreises und des Landes“, sagte der Fraktionsvorsitzende Harry Sandlaß. Die Christdemokraten sprachen sich dennoch gegen eine „Konzentration von Asylbewerbern“ in dem Gewerbegebiet aus. „Umso mehr Flüchtlinge dort leben, umso größer werden die Schwierigkeiten“, sagte der Fraktionschef. Die CDU-Fraktion wünscht sich eine dezentrale Lösung. Auf dem Gelände stehen bereits zwei Gebäude in denen Bewohner aus 13 verschiedenen Nationen untergebracht sind. Zudem soll dort eine Unterkunft für Menschen gebaut werden, die in Deutschland bleiben dürfen.

Zu der Informationsveranstaltung, zu der die Verwaltung vor Kurzem Anrainer und Stadträte geladen hatte, sagte Sandlaß: „Die Oberaichener hatten das Gefühl, dass man sie lediglich informiert und nicht mit ihnen gesprochen hat.“ Walter Reiff (ebenfalls CDU) machte darauf aufmerksam, dass die Menschen, die in Oberaichen ein Dach über dem Kopf erhalten werden, auch etwas essen müssen. Ein Supermarkt sei aber zwei bis drei Kilometer entfernt. Das sei eine Zumutung.

Joachim Beckmann (Freie Wähler) sagte: „Wir können der CDU durchaus folgen.“ Er könne zudem die Standortsuche der Verwaltung nicht als eine solche werten. „Normalerweise sucht man nach freien Grundstücken“, sagte er, und zähle nicht jene auf, die ungeeignet sind.

Die Verwaltung hatte im Vorfeld der Sitzung Grundstücke, die in der Vergangenheit zur Unterbringung von Asylbewerbern genutzt wurden, ausgeschlossen, weil sie aus dem Raster gefallen seien. Auf dem Renaultgelände an der Leinfelder Straße entsteht zurzeit ein Verkaufsstandort für den Toom Markt. Auf dem Areal an der Ecke Benzstraße/Maybachstraße soll ein Neubau für die Stadtwerke gebaut werden.

Stadträtin Petra Bähr (Grüne) bat ebenfalls darum, künftige Flüchtlingsunterkünfte in anderen Stadtteilen zu suchen. Barbara Sinner-Bartels (SPD) bemängelte, dass der Gemeinderat zu wenig Hintergrundwissen erhalten habe. Stadträtin Beatrix Heß, die für die Freien Wähler auch im Kreisrat sitzt, ergänzte, dass das Gremium bereits vor den Sommerferien hätte unterrichtet werden können.

Bürgermeisterin Eva Noller sagte: „Auf die Schnelle war kein anderer Standort auszumachen.“ Sie sicherte dem Gemeinderat zu, für die Zukunft nach weiteren Flächen zu suchen. Diese Suche müsse aber diskret erfolgen. Die Verwaltung wolle nicht sämtliche Stadtteile aufmischen. Diese Aussage rief Judith Skudelny (FDP) auf dem Plan. Sie forderte Transparenz gegenüber den Bürgern ein. Sonst werde deren Wut am Ende umso größer sein.