Strohhalme aus Plastik sollen bald der Vergangenheit angehören Foto: dpa-Zentralbild

Das EU-Verbot für Plastikgeschirr soll für viele Händler und Geschäftsleute ein Anlass zum Umdenken und mehr Selbstverantwortung sein. Das gilt auch für Gastronomie und Einzelhandel in Stuttgart.

Stuttgart - Was im Schwäbischen niedlich mit Röhrle bezeichnet wird , hat große Auswirkungen. Der sogenannte Strohhalm ist nämlich längst nicht mehr aus Stroh, sondern aus Plastik, und wird zu einer kleinen Pest. Täglich werden weltweit drei Milliarden Plastikstrohhalme weggeworfen. Vor allem die (Außen-) Gastronomie setzt stark auf den Plastikhalm, wie eine Momentaufnahme am Schlossplatz zeigt. An der „Treppe“ beim Kleinen Schlossplatz verlässt keine Wasser- oder Softdrinkflasche das Lokal ohne Halm. Auch ein paar Meter weiter am Königsbau ein ähnliches Bild.

Während an der „Treppe“ wenig Einsicht über die Auswirkungen des Plastikmülls herrschen, weiß man bei „Martha’s“ um den Plastikmüllverbrauch. Dort will man jedoch in Zukunft auf Gläser umstellen. Davon ist die Kette „Starbucks“ weit entfernt. Nicht nur To-Go-Getränke, sondern auch die im Restaurant verzehrten Kaltgetränke werden im Plastik-Becher mit Plastikdeckel und Plastikhalm über den Tresen gereicht. Dabei gäbe es Alternativen, wie das Start-up „Halm“ zeigt. Dort hat man den Glastrinkhalm erfunden.

Gläser und Geschirr mehrmals verwenden

„Wir können nicht nur teuer, sondern wir haben auch günstige Gläser und Geschirr im Angebot“, so Martin Benzing von Merz und Benzing. Kunststoff-Artikel gibt es auch noch bei ihm in der Markthalle, „aber die sind vor allem im Kinderbereich. Und die können wie normales Geschirr und Gläser mehrmals verwendet und gespült werden“, so Benzing. Dem großen Angebot der Discounter an Einweggeschirr kann er aber nicht Paroli bieten. „Da gibt es ja auch schon Grills für wenig Geld“, so Benzing. Früher hatte er auch mal Besteck und Geschirr aus Bambus oder Bananen im Sortiment, „aber in solchen Dingen muss man sich doch ganz genau die Energiebilanz anschauen.“

Gehäkelte Wurfscheiben

Mit Kunststoffen verschiedenster Art handelt das Zauberartikel-Geschäft Pappnase in der Olgastraße. „Vor allem im Freizeitbereich sind solche Artikel gefragt: Keulen und anderes zum Jonglieren etwa, Diabolos oder Kazoos zum Beispiel. Wir hatten auch mal gehäkelte Wurfscheiben, die sind auch ganz hervorragend geflogen, aber die wollte niemand haben“, so die Verkäuferin Marianne Altenburger. Das seien aber alles keine Wegwerfartikel: „Diese Dinge müssen halt vor allem leicht sein. Aber der Kunde erwartet zugleich, dass sie mehrere Jahre funktionsfähig bleiben“. Trinkhalme, Becher und Teller gibt es ebenso bei Pappnase: „Die sind aber nichts für den einmaligen Gebrauch, sondern vom Matieral her so konzipiert, dass man sie mehrmals verwenden kann“, so Altenburger.

Plastikmüll in Gewässern

Mit dem Thema Plastik ist das Institut für Kunststofftechnik IKT der Universität Stuttgart intensiv befasst. Marc Kreutzbruck von der Institusleitung: „Vermeidungsstrategien, wie sie jetzt in der EU thematisiert werden, sind wichtige Anstösse zum Umdenken: Wie sehen Alternativen zur bisherigen Praxis aus? Das Grundproblem ist damit aber nicht gelöst.“ Das IKT geht deshalb weitere Wege: „Wir starten gerade ein Projekt mit einem Partner in Potsdam, mit dem wir herausfinden wollen, wo sich überhaupt welche Art von Plastikmüll befindet. Dieses Projekt wird mit Drohnen unterstützt. Wir müssen wissen, in welchen Mengen es an Land oder in Gewässern Plastikmüll gibt und wie dieser beschaffen ist.“ Denn längst gibt es auch so genannte Verbundstoffe, in denen verschiedene Materialien kombiniert sind, um gewünschte Eigenschaften zu erreichen. Etliche Getränkeverpackungen etwa müssen einen robusten Umgang aushalten, sie müssen dicht bleiben und zugleich die Haltbarkeit des Getränks garantieren. Wie dann mit den einzelnen Bestandteilen dieser Verpackunskombi umzugehen ist, darüber wissen die Forscher bestens Bescheid, da sie ja deren Entwicklung vorangetrieben haben. Eine weitere Aufgabe lautet: „Wie muss ein Kunststoff beschaffen sein, der haltbar ist und der nach seinem Gebrauch möglichst schnell biologisch abbaubar ist“, so Kreutzbruck.