Der Pächter der Tankstelle könnte die Pläne der Landschaftsarchitekten durchkreuzen.
Stuttgart - Nie war er so wichtig wie heute, der Stadtgarten, meinen die Grünen. Denn im Zuge von Stuttgart 21 werde ein Teil des zentrumsnahen Schlossgartens erst einmal Baugelände – und auch angesichts anderer Baustellen in der Stadt könnten Bewohner und Besucher so eine Oase gut gebrauchen.
Seit Jahren schon trommelt die grüne Ratsfraktion dafür, dass der mit Betoneinbauten, Taubenturm und Behelfsbauten zugestellte Minipark aufgewertet und aus der Umgebung besser zugänglich wird. Bei den Etatberatungen 2011 hatte sie das Warten satt und veranlasste, dass der Gemeinderat Geld für einen Wettbewerb von Architekten und Landschaftsplanern bewilligte.
Der Auslobungstext sei fertig, heißt es im Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, im Oktober sollen die Stadträte die Auslobung genehmigen. Im Frühjahr würde dann das Preisgericht wohl die Entscheidung fällen. Doch jetzt sahen sich die Grünen genötigt, mit einem Antrag dafür zu sorgen, dass nach den Sommerferien und vor den Herbstferien im Gemeinderat berichtet wird. Sie sehen Gefahr im Verzug.
Üppig bemessene Ein- und Ausfahrt
Der Grund: Das Amt für Liegenschaften und Wohnen verhandelt zurzeit mit der B+B Parkhausgesellschaft über die vorzeitige Verlängerung des Erbpachtvertrags für die Tiefgarage unter dem Stadtgarten. Das wäre halb so schlimm, denn die Garage selbst stört niemand – wenn die üppig bemessene Ein- und Ausfahrt von der Kriegsbergstraße unauffälliger gestaltet wird. Teil des Erbpachtvertrags ist aber auch eine Tankstelle, die vom Garagenbetreiber an eine Tankstellenkette weiterverpachtet ist. „Die muss langfristig weg“, meinen Michael Kienzle und Peter Pätzold von den Grünen.
Zwischen dem Stadtgarten und dem Klinikum, das in großem Stil neu gebaut wird, soll die Kriegsbergstraße nicht nur begrünt werden, sondern auch einen breiteren Übergang für die Fußgänger erhalten. Der Stuttgarter Landschaftsarchitekt Christof Luz dachte außerdem schon vor Jahren über eine anschließende Grünachse durchs Klinikum bis zur Panoramastraße nach. Würde die Tankstelle entfallen, wäre das „eine deutliche Verbesserung“ im Gesamtbild.
Bedeutung für die Innenstadt unterschätzt
Wenn im Frühjahr 2013 der Wettbewerb endet, möchte die Parkhausgesellschaft aber in den letzten Zügen der Vorbereitung für eine Investition stecken. Im Sommer 2013 will sie für „über eine Million Euro“ einen ganz neuen Zugang zur Tiefgarage bauen. Zwei behindertengerechte Aufzüge sollen beide Untergeschosse der Garage erschließen – neben einem Treppenhaus. Oben am Rand des Stadtgartens sollen Aufzüge und Treppe in einem Glaskubus mit Kassenautomaten enden, in dem sich die Menschen sicher fühlen. Der geplante Standort: zwischen der Parkhauseinfahrt und dem Hegelplatz. Dort könnte eine Unterführung geschlossen werden, die bisher vom ersten Untergeschoss der Tiefgarage unter der Kriegsbergstraße hinüber zum Katharinenhospital und dem Linden-Museum verläuft – und an einer Treppe endet. Rollstuhlfahrer sollen künftig wie die Fußgänger über die Kriegsbergstraße. Unterführungen, heißt es im Stadtplanungsamt, seien doch Relikte aus einer anderen Zeit.
Der jetzige Tiefgaragenausgang beim Restaurant Mezzogiorno soll unverändert bestehen bleiben, sagt Bernhard Schultz von der B+B Parkhaus GmbH und Co. KG. Dort gebe es zwar schon einen Aufzug, aber der erschließe nur das erste Untergeschoss der Tiefgarage – und auch oben ist für Rollstuhlfahrer das Fortkommen schwierig. Über Investitionen in die Ein- und Ausfahrt könne man auch reden, sagt Schultz. Aber alles müsse sich rechnen. Daher verhandelt die Firma nicht nur mit dem Stadtplanungsamt, sondern auch mit dem Liegenschaftsamt. Die Idee: dass der normalerweise 2020 auslaufende Erbpachtvertrag im kommenden Jahr für etwa 20 Jahre neu aufgelegt wird.
„Wir wollen die Tiefgarage auch erhalten“
Thomas Zügel, Chef des Liegenschaftsamts, hat Verständnis dafür. „Wir wollen die Tiefgarage auch erhalten“, sagt er. Schließlich finden dort nicht nur Bedienstete des Klinikums zu günstigen Konditionen insgesamt 400 Stellplätze, sondern auch Patienten des Klinikums, Angehörige der Uni Stuttgart und Restaurantbesucher machen davon Gebrauch. Nach dem Antrag der Grünen müsse man aber klären, „ob wir jetzt verlängern können“. Auf Nachfrage räumt Zügel ein, dass man sich bei den Verhandlungen auch um die Herausnahme der Tankstelle aus dem Vertragsverhältnis bemühen könnte: „Das hätte wohl Folgen für die Höhe der Pacht, aber könnte durchsetzbar sein.“
Aber nicht nur die Tankstelle, auch die Frage, wie weit der neue Tiefgaragenzugang in den Stadtgarten eingreifen darf, könnte noch Gegenstand von Diskussionen werden. „Das wird kein großartiger Eingriff, es geht höchstens um zwei Meter am Rand des Stadtgartens“, verspricht Schultz, „wir wollen uns schon einpassen.“ Die Grünen sind aber längst misstrauisch. Sie wollen verhindern, dass der neue Pachtvertrag eine Sanierung des Stadtgartens aus einem Guss verhindert. Außerdem wollen sie verhindern, dass der Stadtgarten als Fläche für die Erweiterung der benachbarten Hochschulen – Uni Stuttgart, Fachhochschule für Technik und bald auch Duale Hochschule – missbraucht werden kann. Entsprechende Tendenzen glauben sie neuerdings sogar bei OB Wolfgang Schuster beobachtet zu haben.
Christof Luz warnt auch: Der Stadtgarten werde in seiner Bedeutung für die Innenstadt unterschätzt. Durch Bautätigkeiten wie beim Klinikum oder der Dualen Hochschule komme die Anlage auch noch weiter aus ihrer Randlage heraus. Die Städter, die künftig vermehrt ohne Auto unterwegs seien, bräuchten solche Freiräume.