Das Ärztehaus entsteht bereits an der Reutlinger Straße. Foto: Otto-H. Häusser

An der Reutlinger Straße in Sielmingen darf gebaut werden. Obwohl dort Lärmwerte von 71 Dezibel am Tag gemessen wurden, hat eine Mehrheit des Filderstädter Verwaltungsausschusses dem neuen Flächennutzungsplan zugestimmt.

Sielmingen - Die Fronten sind im Ausschuss auch diesmal klar gewesen: auf der einen Seite die sogenannten bürgerlichen Fraktionen. die das Bauen an der Reutlinger Straße zulassen wollen, auf der anderen Seite SPD und Grüne/FFL, die strikt dagegen sind.

Letztlich empfahl die bürgerliche Mehrheit, den Flächennutzungsplan zu ändern. Die Zustimmung des Gemeinderats dürfte nur noch eine Formalie sein. Die Richtung ist festgelegt: An der Reutlinger Straße soll trotz des Verkehrslärms gebaut werden. Mit der Errichtung eines Ärztehauses, das drei Praxen Platz bieten soll, wurde bereits begonnen.

Für den Grundstücksstreifen entlang der Straße, auf dem auch das Ärztehaus stehen wird, sieht der Flächennutzungsplan ein eingeschränktes Gewerbe- oder aber Mischgebiet vor. Dahinter sollen in zweiter Reihe Wohnhäuser gebaut werden. Um diese Häuser vom Lärm abzuschotten, sind in der ersten Reihe zwischen den Gebäuden drei Meter hohe Lärmschutzwände geplant.

Ärztehaus bekommt Lärmschutzfenster

Das Ärztehaus selbst muss mit Lärmschutzfenstern ausgestattet werden, damit es den gesetzlichen Vorschriften genügt. Eigentlich dürfte das Gebäude in dem Mischgebiet nämlich nur 60 Dezibel am Tag ausgesetzt werden. Tatsächlich wurden an der Reutlinger Straße jedoch 71 Dezibel gemessen. „An einigen Stellen werden die Schwellenwerte zur Gesundheitsgefahr überschritten“, heißt es im Umweltbericht für den neuen Flächennutzungsplan.

Doch damit nicht genug: Stadtrat Willfried Nobel (SPD) zitierte weitere Punkte aus dem Umweltbericht. Dort wurden erhebliche Eingriffe in die Schutzgüter Tierarten und Biotop, Boden sowie Landschafts- und Ortsbild festgestellt. „Es ist extrem enttäuschend, wie diese Umwelt-prüfung ignoriert wird“, sagte er.

„Proteste sind programmiert“

Ähnlich argumentierte Ute Weinmann (Grüne/FFL). Sie beklagte auch, dass dort ein kleines Naherholungsgebiet zugebaut werde. Sie war sicher, dass die Leute, die in zweiter Reihe wohnen werden, mit Lärm zu kämpfen haben. „Die Proteste sind programmiert“, sagte sie. Dieser Meinung war auch Gebhard Handte (FW), der dann aber doch zusammen mit seiner Fraktion, der CDU, Erhard Alber (fraktionslos) und Johannes Jauch (FDP) für den Plan stimmte.

Seine Fraktionskollegin Rosemarie Gädeke hatte zuvor versucht, den Umweltbericht zu entkräften, indem sie die ökologische Qualität von Nutzgärten lobte. „Die sind wertvoller als überdüngte Wiesen“, sagte sie. In ihrem eigenen Garten finde man sogar Molche. Willy Stoll (CDU) verwies darauf, dass auch die Leute, die schon an der Straße wohnen, dem Lärm ausgesetzt sind. Er sah in der geplanten Bebauung die Schließung einer innerörtlichen Baulücke. Schon im alten Flächennutzungsplan habe man vor zwölf Jahren vorgesehen, dass dort Wohnhäuser gebaut werden, sagte Johannes Jauch (FDP).