Diverse Prüfer in Baden-Württemberg sollen HU-Plaketten zu Unrecht vergeben haben. Foto: dpa-Zentralbild

Gleich mehrere Prüfingenieure einer Überwachungsorganisation sind verurteilt worden, weil sie Autos nicht richtig untersucht haben. Jetzt erstattet das Land Autofahrern Kosten zurück.

Stuttgart - Das Land Baden-Württemberg hat im Zuge des landesweiten Skandals um Plaketten der Hauptuntersuchung (HU) 310 Fahrzeughalter entschädigt. Damit seien alle angemeldeten Ansprüche abgearbeitet, sagte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums unserer Zeitung. Die Kosten dafür betragen 17 500 Euro.

Im Jahr 2012 war ein Prüfingenieur aufgeflogen, der vor allem in der Region Stuttgart Tausenden Fahrzeugen die HU-Plakette verliehen haben soll, ohne sie richtig zu untersuchen. Der Mann soll auf diese Weise – teils mit Unterstützung von Werkstattbetreibern und Autobesitzern – eine sechsstellige Summe extra eingenommen haben. Er ist inzwischen zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Aufgrund der Vorfälle mussten in der Folge 8500 Fahrzeughalter ihre Autos zu einer Nachprüfung vorfahren. Ein Teil von ihnen hat die dafür angefallenen Gebühren beim Land, das die Aufsicht über die Prüfunternehmen inne hat, geltend gemacht.

Das Verkehrsministerium will sich das Geld jetzt von dem Prüfunternehmen, für das der verurteilte Ingenieur tätig war, zurückholen. Die Karlsruher Gesellschaft für technische Sicherheitsprüfungen (GTS) hat jegliche Verantwortung für den Fall stets zurückgewiesen und entgegen Aussagen der Konkurrenz betont, sie verfüge über ausreichende Überwachungsmaßnahmen. Dementsprechend will die kleine Organisation, die nur in wenigen Bundesländern tätig ist, die Entschädigungskosten auch nicht übernehmen. Derzeit läuft deshalb eine Feststellungsklage beim Karlsruher Landgericht. Für eine Stellungnahme war das Unternehmen nicht zu erreichen.

Mehrere Prüfer verurteilt

Die GTS steht nicht nur wegen dieses Falles unter Beobachtung. Denn auch in der Folge sind immer wieder Prüfer, die für das Karlsruher Unternehmen im Einsatz waren, auffällig geworden. Mehrere Ermittlungsverfahren verschiedener Staatsanwaltschaften wegen ähnlicher Vorwürfe sind ins Rollen gekommen. Zuletzt ist im vergangenen Jahr ein Prüfingenieur der GTS verurteilt worden. Auch er soll Plaketten ohne richtige Untersuchung vergeben haben. „Er wurde suspendiert und hat auch sein Beschäftigungsverhältnis bei der GTS gekündigt“, heißt es im Verkehrsministerium. Bei anderen Überwachungsorganisationen ist es laut der Sprecherin in jüngerer Zeit zu keinen solchen Vorfällen gekommen: „Weitere ähnlich gelagerte Fälle sind nicht bekannt.“

Die GTS selbst ist offenbar weiter am Markt – in welchem Umfang ist nicht bekannt. „Weitergehende Maßnahmen wie etwa der Entzug der Anerkennung als Überwachungsorganisation sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant“, heißt es dazu im Verkehrsministerium.

Verdeckte Tests

Das Land hat nach den Vorfällen seine Überwachungsmaßnahmen massiv verstärkt. „Wir haben weitreichende Konsequenzen gezogen“, so die Sprecherin. Das Konzept sieht regelmäßige Aufsichtsbesuche in den Zentralen der Prüforganisationen vor. Dazu kommen verdeckte Tests und umfangreiche Berichtspflichten. Die Unternehmen sind gehalten, Auffälligkeiten bei Mitarbeitern oder Ermittlungen gegen sie dem Land umgehend zu melden. Auch vom Kraftfahrtbundesamt und von den Ermittlungsbehörden selbst gehen Informationen ans Ministerium. Auffällige Vorgänge werden dort dann genauer untersucht.

Die Mittel des Landes zur Überwachung der hoheitlichen Aufgabe sind aber trotzdem beschränkt. Deshalb hat sich Baden-Württemberg „auf Bundesebene mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass die aufsichtsführenden Bundesländer unmittelbare Durchgriffsrechte auf die Prüfingenieure erhalten“, sagt die Sprecherin. Derzeit sei die entsprechende Verordnung noch beim Bund in Bearbeitung.