Der WC-Wagen auf dem Marienplatz hat Anwohnern Erleichterung verschafft. Foto: Kathrin /Wesely

Im Süden gibt es mehrere beliebte und stark frequentierte Plätze. Doch mangelt es fast überall an öffentlichen Toiletten.

S-Süd - Das Leben in der Stadt hat sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr ins Freie verlagert. Corona hat diese Entwicklung verstärkt. Die Menschen hocken auf Bänken, Treppen, Mäuerchen, treffen sich auf öffentlichen Plätzen und bringen sich ein Getränk mit. Ein mediterranes Lebensgefühl macht sich breit. Nur leider fehlt es allenthalben an der nötigen Infrastruktur, insbesondere an öffentlichen Toiletten. Massiv hatten die Anwohner am Marienplatz in diesem Frühjahr darunter gelitten. Die Beschwerden über Platzbesucher, die sich in Hinterhöfen, Hauseingängen und Vorgärten erleichterten, rissen nicht ab. Manche Anwohner schoben an den Wochenenden Wache, um Wildpinkler zu verscheuchen. „Es gab auch Leute, die standen mit Wassereimern auf ihren Balkons, um sie im entscheidenden Moment runterzukippen“, berichtet Bezirksvorsteher Raiko Grieb, bevorzugter Adressat für all diese Klagen. Mehrfach wurde die Polizei gerufen. Laut der kam es auf der Liststaffel sogar an einem Abend zu Handgreiflichkeiten.

Wagen ist keine Dauerlösung

Grieb ließ nicht locker, bis die Stadt einen Toilettenwagen auf dem Marienplatz aufstellte, denn die einzelne Bezahltoilette am Platz reichte nicht aus. Der Wagen bleibt voraussichtlich noch bis Ende Oktober stehen, ist freitags bis sonntags beaufsichtigt und benutzbar. Der WC-Wagen hat die Situation am Marienplatz vorerst entschärft, eine Dauerlösung ist er nicht. Freilich hat auch das Verweilverbot in den Nächten von Samstag und Sonntag zur Befriedung der Konflikte um den Platz beigetragen.

Doch auch an anderen Orten im Süden fehlen Toiletten, sagt Grieb. Am Bihlplatz gibt es zwar Gastronomen, die Leute auf ihre Toiletten lassen. „Aber das ist eigentlich eine öffentliche Aufgabe, keine private.“ Dennoch habe man es mit dem Konzept „nette Toilette“ an einigen Orten versucht. Aber mit der Pandemie sei das hinfällig geworden. Am Südheimer Platz wiederum gibt es die Calisthenicsanlage und andere Sportgeräte. Wer sportelt und trinkt, braucht irgendwann ein WC. Unter der Paulinenbrücke gab es zwar früher unterirdische Toiletten, doch die wurden vor Jahren abgerissen, weil sie baufällig waren, heißt es bei der zuständigen Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS). Ersatz wurde nie geschaffen, obwohl der Ort dank des Stadtlücken-Projekts seit einigen Jahren noch stärker frequentiert wird als ohnehin schon. Auch am Teehaus fehle eine Toilette, sagt der Bezirksvorsteher. Er weist darauf hin, dass auch der Stadtseniorenrat seit Jahr und Tag auf mehr Toiletten im öffentlichen Raum dringt. Letztlich gehe es dabei auch um die soziale Teilhabe älterer Menschen.

Grieb ist zudem der Meinung, dass man neue Toiletten mit einem Wickeltisch versehen sollte. Das sei baulich keine große Sache, aber eine Erleichterung für Eltern. Einzig die Situation am Erwin-Schoettle-Platz kann Grieb loben. Dort steht schräg hinter der Matthäuskirche eine gebaute Toilettenanlage, die gut gepflegt wird.

Senioren fordern schon lange mehr WCs

Genau da liegt der Hase im Pfeffer, sagt Andrea Schlepper, Pressesprecherin bei der AWS: „Toiletten, die sich nicht selbst reinigen, sind sehr personalintensiv.“ Man brauche viele Reinigungskräfte, und die Fluktuation in diesem Job sei groß, ständig müssten Stellen neu ausgeschrieben werden. „Das will keiner machen, das ist ein Übergangsjob. Sobald einer etwas Besseres findet, ist sie oder er weg.“

Schlepper verweist darauf, dass man daran sei, die 27 automatischen Toiletten im Stadtgebiet zu erneuern, dann sollen auch die Plätze im Süden damit bestückt werden. Die neuen Anlagen sind größer als die bisherigen, und sie verfügen über eine automatische Sitz- und Bodenreinigung. Allerdings kommen sie erst 2025. Bezirksvorsteher Grieb hegt die Hoffnung, dass es im Süden schneller geht: „Die Stadtverwaltung macht sich bereits Gedanken. Ich denke, die Wünsche unseres Bezirks sind auf der To-do-Liste ein Stück weiter nach oben gerückt.“