Die Regierung in Spanien will Frauen mit starken Regelschmerzen unterstützen. Foto: imago images/Shotshop/Iordache Magdalena

Die spanische Regierung plant eine Regelung, die ein Novum in Europa darstellt: Frauen mit starken Menstruationsbeschwerden sollen zusätzlich bezahlte Krankentage bekommen.

Zusätzliche bezahlte Krankentage für Frauen mit starken Menstruationsbeschwerden - eine solche Regelung will die linksgerichtete spanische Regierung am Dienstag voraussichtlich beschließen. Es wäre ein Novum in Europa. Doch die Regelung ist selbst bei Gewerkschaften und Frauenrechtlern umstritten. Einige von ihnen warnen, dass Arbeitgeber wegen der Sonderregelung befürchten, dass Frauen häufiger bei der Arbeit fehlen - und daher bei Einstellungen Männern den Vorzug geben.

Extra-Krankentage für Frauen mit starken Menstruationsbeschwerden gibt es bislang nur in einigen wenigen Ländern außerhalb Europas, darunter Südkorea und Indonesien. Die Regierung von Spaniens sozialistischem Ministerpräsidenten Pedro Sánchez will die Regelung im Rahmen einer Reform des Abtreibungsrechts einführen.

„Wir werden in dem Gesetz das besondere Recht der Frauen, die eine schmerzhafte Regel haben, anerkennen, (bei der Arbeit) auszusetzen“, schrieb Gleichstellungsministerin Irene Montero von der linken Podemos-Partei am Freitag im Onlinedienst Twitter. Die Kosten dafür werde der Staat „vom ersten Tag an“ übernehmen. 

Regelung ist umstritten

Ob Monteros Ressort sich mit den von den Sozialisten geführten Ministerien mit wirtschaftlichen Kompetenzen aber schon auf eine detaillierte Regelung einigen konnte, war zunächst unklar. Spanischen Medien zufolge sieht der Gesetzentwurf monatlich drei zusätzliche Krankheitstage mit Lohnfortzahlung bei Menstruationsbeschwerden vor. Bei besonders heftigen Beschwerden kann dieses Kontingent durch die Vorlage eines ärztlichen Attests auf fünf Tage pro Monat verlängert werden.

„Es gibt Frauen, die nicht normal leben und arbeiten können, weil sie wirklich schmerzhafte Perioden haben“, betonte Montero. Gleichstellungs-Staatssekretärin Angela Rodríguez, die ebenfalls der Podemos-Partei angehört, hatte bereits Anfang April deutlich gemacht, dass viele Frauen durch ihre Monatsblutung und deren Begleitsymptome stark beeinträchtigt werden. „Wir reden nicht von einem leichten Unwohlsein, sondern von schweren Symptomen wie Durchfall, heftigen Kopfschmerzen und Fieber“, sagte Rodríguez.

Einige sozialistische Kabinettsmitglieder haben allerdings Vorbehalte gegen die zusätzlichen Krankentage. Diese vermeintliche Bevorzugung bringe Frauen Nachteile bei der Jobsuche, argumentieren sie. Aus Angst, dass Frauen besonders oft ausfallen könnten, würden Unternehmen dann lieber Männer einstellen.

Auch bei Arbeitnehmervertretern ist die Reform umstritten

Für die sozialistische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño ist die Reform daher noch keine beschlossene Sache. „Wir arbeiten an mehreren Versionen dieses Gesetzes“, hob sie vergangene Woche hervor. Die Regierung werde „niemals eine Maßnahme beschließen, die Frauen stigmatisiert“.

Auch bei Arbeitnehmervertretern ist die Reform umstritten. „Man muss bei dieser Art von Entscheidungen vorsichtig sein“, mahnte etwa Cristina Antoñanzas, Vize-Chefin der UGT, einer der beiden größten Gewerkschaften des Landes. Die Krankheitstage bei Menstruationsbeschwerden könnten sich indirekt auf den „Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt“ auswirken.

Vorbehaltlose Unterstützung kommt auch nicht von der Vereinigung der Opfer von Endometriose, einer chronischen Frauenkrankheit, die oft mit besonders heftigen Regelblutungen einhergeht. „Mehr als freie Tage brauchen wir eine Anerkennung unserer Beeinträchtigung“, sagt Verbandschefin Ana Ferrer. Sie fürchtet eine „Diskriminierung“ von Frauen wegen ihrer Beschwerden.

Abtreibungen sind in Spanien erst seit 1985 straffrei

Spaniens zweite große Gewerkschaft CCOO sieht in den Reformplänen hingegen einen großen „gesetzgeberischen Fortschritt“ dabei, „ein bislang ignoriertes gesundheitliches Problem sichtbar zu machen und anzuerkennen“. Abgesehen von den zusätzlichen Krankheitstagen sieht das vom Gleichstellungsministerium ausgearbeitete Reformpaket noch weitere Erleichterungen für Frauen vor. So soll die Mehrwertsteuer auf bestimmte Hygieneprodukte für Frauen wie Binden oder Tampons komplett gestrichen werden.

Außerdem sollen Schwangerschaftsabbrüche in staatlichen Krankenhäusern erleichtert werden. Jugendliche sollen dem Entwurf zufolge ab 16 Jahren ohne Einwilligung der Eltern abtreiben dürfen.

Abtreibungen sind im katholisch geprägten Spanien erst seit 1985 straffrei. Damals wurde ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung, bei Missbildung des Fötus oder wegen körperlicher oder psychischer Risiken für die Frau erlaubt. Seit 2010 sind Abtreibungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche grundsätzlich erlaubt.