Abgelehnte Asylbewerber steigen am Baden-Airport in ein Flugzeug Foto: dpa

Die große Koalition hat sich darauf verständigt, Abschiebehäftlinge künftig auch in normalen Gefängnissen unterzubringen. Pro Asyl ist entsetzt über das Vorhaben.

Berlin - Abschiebehäftlinge sollen zum Entsetzen von Flüchtlingshelfern künftig auch in ganz normalen Gefängnissen untergebracht werden können. Die zuständigen Minister der großen Koalition verständigten sich darauf, das Gebot zur Trennung von Abzuschiebenden und Strafgefangenen für drei Jahre auszusetzen, wie ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte. Innerhalb einer Einrichtung sollen die beiden Gruppen aber strikt räumlich getrennt werden.

Seehofer sieht eine „Notlage“

Seehofers „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ soll dafür sorgen, dass ausreisepflichtige Ausländer auch wirklich das Land verlassen und weniger Abschiebungen scheitern, etwa weil die Behörden die Betroffenen nicht auffinden können. Seehofer beklagt, dass es derzeit in ganz Deutschland weniger als 500 Abschiebehaftplätze gibt. Dem will der Minister nun mit der Aufhebung des Trennungsgebots begegnen, „bis die Kapazität an Abschiebungshaftplätzen ausreichend ist“, wie es in dem unserer Zeitung vorliegenden Gesetzentwurf heißt. Das Innenministerium rechtfertigt die Verschärfung mit einer „Notlage“, da geltendes Recht nicht durchgesetzt werde, wenn Ausreisepflichtige in Deutschland bleiben können.

Die Organisation Pro Asyl weist diese Begründung als „absurd“ zurück. „Wir haben keinen Notstand in Deutschland, der dies rechtfertigen würde“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt unserer Zeitung. Zudem sei die Vermischung von Abschiebehaft und Strafhaft europarechtswidrig.

Länder sehen die Pläne kritisch

Die Pläne befinden sich in der finalen Ressortabstimmung, Seehofer will sie am Mittwoch dem Kabinett vorlegen. Bis dahin stehen aber noch Gespräche mit den Ländern an, die dafür zuständig sind, die Vorschläge zur Abschiebehaft auch umzusetzen. Ein Sprecher des Innenministeriums in Baden-Württemberg äußerte Unterstützung: Für hohe Abschiebezahlen bräuchten die Behörden effektive Werkzeuge, sagte er unserer Zeitung. „Und deshalb müssen wir den Instrumentenkasten hier dringend anpassen.“

Justizministerin Katarina Barley (SPD) hatte sich lange kritisch zu dem Vorhaben geäußert. Sie lenkte nun unter der Bedingung ein, dass eine „klare räumliche Trennung“ von Strafgefangenen und Abzuschiebenden „unter allen Umständen“ gewährleistet ist.

Debatten in der großen Koalition zu erwarten

In dem Gesetz gibt es aber weitere Punkte, über die auch in der großen Koalitionen heftige Debatten zu erwarten sind. Aus der SPD wird etwa bereits kritisiert, dass Migranten ein Bußgeld drohen soll, wenn sie nicht alle „zumutbaren Handlungen“ unternehmen, um einen gültigen Pass oder einen Passersatz zu bekommen. Zudem sollen Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Staat einen Schutzstatus haben, in Deutschland nur für maximal zwei Wochen eine „Überbrückungsleistung“ erhalten.

Und mindestens ein weiterer Punkt dürfte für Diskussionen sorgen: Behördenvertreter sollen sich künftig strafbar machen, wenn sie Flüchtlinge vor einer bevorstehenden Abschiebung warnen. Seehofer betont, dass er damit nicht auf Nicht-Regierungsorganisationen oder Journalisten zielt. Wer kein Amtsvertreter ist, soll sich aber der „Anstiftung oder der Beihilfe“ zur Hauptstraftat strafbar machen können. Pro-Asyl-Vertreter Burkhardt sieht darin „eine Einschüchterung der Zivilgesellschaft, die in ihren Auswirkungen noch gar nicht absehbar ist“.