Die jetzt veröffentlichten Pläne sollen potenziellen Investoren Hinweise geben, wo sie bereits jetzt neue Windkraftanlagen bauen können. Foto: dpa/Marius Becker

Neue Karten zeigen, wo in Baden-Württemberg schon jetzt die rechtlichen Voraussetzungen existieren, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voran zu bringen. Die Pläne im Land sind ambitioniert.

Das Ziel ist klar: Möglichst schnell sollen in Baden-Württemberg möglichst viele neue Fotovoltaik- und Windkraftanlagen entstehen, um den geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben zu können. Um das zu erreichen, haben unter der Federführung von Nicole Razavi, der Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, die mit dem Thema beschäftigten Ministerien und alle zwölf Regionalverbände im März eine Planungsoffensive für Wind- und Sonnenenergie gestartet.

Das Projekt ist – vorsichtig ausgedrückt – ambitioniert. Während die Bundesregierung festgelegt hat, dass bis zum Jahr 2032 allein für den Ausbau der Windkraft 1,8 Prozent der Fläche in Baden-Württemberg ausgewiesen werden muss, ist es das Ziel des Landes, bereits sieben Jahre früher, also Ende 2025, möglichen Investoren Planungssicherheit für diese Flächen bieten zu können.

Es gibt noch etliche Stolpersteine

Viele Einzelschritte sind bis dahin allerdings noch zu bewältigen – und auch noch etliche Stolpersteine aus dem Weg zu räumen. Immerhin liegen jetzt aber die ersten Ergebnisse vor. Es handelt sich dabei um sogenannte Planhinweiskarten. „Diese Karten machen sichtbar, wo überall im Land schon jetzt etwas geht und wo es sich deshalb für die Projektierer lohnt, genauer hinzuschauen“, erläutert Nicole Razavi. Im Fokus stehen nicht nur große Anlagen. „Wir wollen mit diesen Informationen die Voraussetzungen schaffen, um auch kleinere Projekte zu realisieren. Denn es gilt der Grundsatz: Jedes Windrad und jede Freiflächen-Fotovoltaik-Anlage zählt“, sagt Razavi.

Für die Planhinweiskarten haben die zwölf Regionalverbände ermittelt, an welchen Stellen auf ihrem jeweiligen Gebiet Fotovoltaik-Anlagen und Windräder zumindest rein vom aktuellen Planungsrecht her denkbar sind. In den Karten – für jede der zwölf Regionen gibt es eine Karte für Fotovoltaik und eine für Windkraft, dazu zwei Übersichtskarten für das gesamte Land – signalisiert die Farbe Grün Flächen, auf denen Projekte aus Sicht der Regional- und Landesplanung ohne Einschränkungen sofort möglich sind. Auf den gelb markierten Flächen muss zunächst noch eine Einzelfallprüfung stattfinden. Bei weißen Flächen besteht momentan noch kein Planungsrecht. Deshalb ist dort an eine kurz- und mittelfristige Nutzung für Solar- oder Windkraftanlagen nicht zu denken.

Im Land gibt es erhebliche Unterschiede

Betrachtet man das ganze Land, könnte man – wenn man ausschließlich das bestehende Planungsrecht als Grundlage nehmen würde – theoretisch auf 53 Prozent der Flächen Windräder und auf 52 Prozent PV-Anlagen bauen. Regional gibt es erhebliche Unterschiede. Während rund um Stuttgart, aber auch im südöstlichen Landesteil, aktuell nur sehr wenige Flächen geeignet wären, gibt es zumindest für Windkraft im Norden Baden-Württembergs sowie im Schwarzwald großflächige Möglichkeiten.

Das wiederum, so betont Thomas Bopp, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Regionalverbände und der Chef des Verbands Region Stuttgart, habe nicht unbedingt mit der tatsächlichen Situation vor Ort zu tun. In der Region Stuttgart beispielsweise sei es momentan noch ausgeschlossen, Windräder und PV-Anlagen in regionalen Grünzügen zu errichten. Ob es bei dieser Regelung bleibe, müsse die Zukunft weisen.

Zentrale Frage: Gibt es genug Wind?

Die Aussagekraft der Karten ist aber nicht nur wegen unterschiedlicher Regionalpläne begrenzt. „Ich will nicht verschweigen, dass es jenseits dieser regionalplanerischen Betrachtung noch zahlreiche Dinge zu klären gibt, bevor ein Windrad gebaut werden kann“, sagt Bopp. Da gehe es nicht nur um eine so zentrale Frage, ob es überhaupt genug Wind gibt. Auch der Immissionsschutz, der Arten- und Lärmschutz, sensible Landschaftsbilder oder Tieffliegerschneisen für die Bundeswehr müssen in den nun anstehenden Planungen noch berücksichtigt werden.

Da wird die zur Verfügung stehende Fläche ganz schnell reduziert. „Was wir jetzt haben, ist natürlich noch nicht der große Wurf, sondern zunächst einmal eine wichtige Bestandsaufnahme, auf der wir nun unsere weiteren Planungen aufbauen können“, erläutert Matthias Proske vom Regionalverband Mittlerer Oberrhein das Vorgehen.

Es soll keine unangenehmen Überraschungen geben

Im nächsten Schritt zur Umsetzung der Planungsoffensive wird nun eine Task Force, in der Vertreter der Ministerien und der Regionalverbände sitzen, versuchen, rechtliche Leitplanken zu schaffen, die für potenzielle Investoren die Planungssicherheit erhöhen. Unter anderem soll verhindert werden, dass sich ein Rückschlag wie etwa die Veröffentlichung des zweiten Windatlasses im Jahr 2019, der fast sämtliche bisherigen Planungen zunichte machte, wiederholt. „Unser Ziel ist es, dass es zumindest aus Baden-Württemberg keine unangenehmen Überraschungen mehr gibt“, sagt Nicole Razavi. Die ersten Ergebnisse der Arbeit der Task Force sollen noch in diesem Jahr vorgestellt werden.