Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will das Gesetz über die Angleichung der Ostrenten Mitte Februar ins Kabinett bringen. Foto: dpa

Bei der Angleichung der Ostrenten an das Westniveau kommen sowohl auf die Arbeitnehmer als auch auf die Arbeitgeber höhere Belastungen zu. Die Deutsche Rentenversicherung verlangt, dass der Bundeshaushalt für die Kosten aufkommt.

Berlin - Die Bundesregierung bereitet neue Milliardenausgaben bei der Rente vor. Mitte Februar wird Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) den Gesetzentwurf zur Angleichung der Ostrenten an das Westniveau dem Kabinett vorlegen. Kurz vor Weihnachten verständigten sich Nahles und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf die Aufteilung der Kosten. Nahles argumentierte, bei der Anhebung der Ostrenten auf den Stand im Westen handele es sich um eine gesellschaftliche Aufgabe. Aus diesem Grund solle der Bundeshaushalt – und damit der Steuerzahler – für die Kosten in Milliardenhöhe aufkommen. Doch die Sozialdemokratin konnte sich nicht durchsetzen. Schäuble steuert einen vergleichsweise kleinen Betrag aus dem Haushalt bei. Die Folge: Die Hauptlast des neuen Rentenpakets wird den Beitragszahlern aufgebürdet – also Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Sie müssen den Löwenanteil schultern. Die Mehrkosten durch das Gesetz belaufen sich von 2018 bis 2024 auf 15,7 Milliarden Euro – der Bund übernimmt davon nur 2,4 Milliarden Euro. Den Rest sollen die Beitragszahler aufbringen. Erst ab 2025 will Schäuble sich mit jährlich zwei Milliarden Euro beteiligen. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt der Bund somit die Hälfte der Kosten. Das geht aus dem Entwurf hervor.

Politik will einheitliches Rentenrecht schaffen

Mit dem Gesetz will die große Koalition ein gleiches Rentenrecht in Ost und West schaffen. Ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung liegt der für die Bemessung des Ruhestandsgelds wichtige Rentenwert im Osten bei 94 Prozent des Westwerts. Grund dafür sind die niedrigeren Löhne in Ostdeutschland. Zum Ausgleich werden die Verdienste der Ost-Arbeitnehmer bei der Rente höhergewertet. Von 2018 bis 2024 soll der Ost-Rentenwert in sieben Schritten auf das Westniveau angehoben werden. Das heißt, dass die jährliche Rentenanpassung der Ost-Rentner künftig höher ausfällt. Gleichzeitig wird die Höherwertung der ostdeutschen Arbeitnehmerverdienste bei der Rente verringert. Die Bundesregierung will damit die Einheit im Rentenrecht erreichen. Doch das hat seinen Preis, den Beschäftigte und Unternehmen zahlen sollen.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund warnt den Gesetzgeber davor, die Kosten einseitig den Beitragszahlern aufzulasten. „Die Finanzierung der Mehrausgaben, die durch eine vorzeitige Angleichung der Renten in Ost und West entstehen, muss systematisch korrekt aus Steuermitteln erfolgen“, heißt es in einer Stellungnahme der Rentenversicherung. Die Renten richten sich grundsätzlich nach der Lohnentwicklung. Die von der Koalition beschlossene Angleichung der Renten in Ost und West soll nun schneller erfolgen als die Angleichung der Löhne. Dabei handele es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zur Umsetzung der Deutschen Einheit, meint die Rentenversicherung. Sie hält es für falsch, dass dafür vor allem der Beitragszahler aufkommen soll.

Es sollen auch Privilegien im Osten wegfallen

Der CDU-Rentenexperte Peter Weiß verteidigte das Vorgehen. „Die Angleichung in sieben Schritten minimiert die Probleme bei der Ost-West-Angleichung der Renten“, sagte Weiß dieser Zeitung. Weiß argumentierte, es liege auch im Interesse der Beitragszahler im Westen, das bisherige Rentenrecht im Osten zu ersetzen. Die Höherwertung von Rentenansprüchen in Ostdeutschland führe dazu, dass ein Beschäftigter im Osten, der dasselbe Gehalt bezieht wie ein Arbeitnehmer im Westen, einen höheren Rentenanspruch erwirbt. Dieses Privileg werde wegfallen. Weiß erwartet, dass die Kosten durch das Gesetz am Ende geringer ausfallen. „Dabei handelt es sich um Maximalkosten.“ In der Berechnung sei nicht berücksichtigt, dass die Löhne im Osten wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren stärker stiegen als im Westen. Je stärker sich die Löhne „von selbst“ angleichen, desto geringer fallen die Mehrausgaben für Beitragszahler und Bundeshaushalt aus. Auch der CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg begrüßte die schrittweise Anpassung. Die Belastung der Beitragszahler sei vertretbar, sagte er. Langfristig würden durch den Wegfall der Höherwertung für ostdeutsche Arbeitnehmer weniger Ausgaben bei der Rentenversicherung anfallen, sagte Rehberg.

Neben der Rentenversicherung rügen auch die Wirtschaftsverbände das geplante Gesetz. Mit dem Rentenvorhaben zur Ost-West-Angleichung würden weitere milliardenschwere Belastungen der Beitragszahler auf den Weg gebracht, erklärte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). „Die künftige Finanzierung der Rentenversicherung wird ohnehin schon schwer genug“, so die Arbeitgeber.