Anders Behring Breivik (rechts) und sein Verteidiger Geir Lippestad vor Gericht. Foto: dpa

Die Verteidigung von Breivik verlangt die Einstufung ihres Mandanten als zurechnungsfähig.

Oslo - Der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik ist nach Überzeugung seiner Anwälte zurechnungsfähig und sollte daher entweder zu einer Haftstrafe verurteilt oder freigesprochen werden.

Er plädiere auf Freispruch wegen "Notwehr" oder - bei einem Schuldspruch - auf Breiviks Einstufung als zurechnungsfähig, sagte der Anwalt Geir Lippestad am Freitag in seinem Schlussplädoyer in Oslo. Breivik handelte nach Angaben seines Anwalts bei den beiden Anschlägen am 22. Juli 2011 überlegt wie ein "zynischer Terrorist".

Staatsanwaltschaft plädiert auf Zwangseinweisung

Der Attentäter sieht sich im "Krieg" mit islamischen Kräften, die Europa erobern wollten. Damit begründete er ein "Notwehrrecht" zur Tötung von Menschen. Sein Verteidiger erklärte zur Bestimmung des Strafmaßes und zur Frage Haft oder Zwangspsychiatrie: "Wir plädieren für eine so milde Strafe wie möglich. Zeitlich begrenzte Haft ist milder als eine dauerhafte Zwangseinweisung."

Zum Tatmotiv erklärte der Verteidiger, Breivik habe vor elf Monaten nicht einfach so viele Menschen wie möglich töten wollen, sondern seine Opfer "gezielt politisch" ausgesucht. Bei den Attacken im Osloer Regierungsviertel und bei einem sozialdemokratischen Jugendlager auf der Insel Utøya hatten insgesamt 77 Menschen ihr Leben verloren. Der 33-Jährige sieht sein Verbrechen als Teil des Kampfes gegen eine nach seiner Meinung drohende "islamische Machtübernahme" in Norwegen und ganz Europa.

Die Staatsanwaltschaft hatte am Donnerstag auf Zwangseinweisung in eine Rechtspsychiatrie wegen weiter bestehender Zweifel an Breiviks Zurechnungsfähigkeit plädiert. Dazu meinte Anwalt Lippestad im Plädoyer: "Wenn man seine Handlungen als krank einstuft, nimmt man ihm ein grundlegendes Menschenrecht. Es besteht darin, dass man die Verantwortung für eigene Handlungen trägt."

Zur Einstufung des Attentäters als getrieben von allgemeinen Gewaltfantasien erklärte der Anwalt: "Nicht die Gewalt ist Mutter seiner Taten, sondern seine rechtsextreme Grundhaltung." Lippestad stufte den Attentäter als "Teil einer politischen Kultur" ein, für die er sein vorher geschriebenes "Manifest" verfasst habe: "Zu den Taten am 22. Juli sagte er zu mir, sie seien nur ein Feuerwerk gewesen, um das Manifest zu verbreiten."

Urteil wird am 20. Juli oder am 24. August verkündet

Lippestad sagte am Freitag zu Beginn seines Plädoyers, er teile "voll und ganz" die Meinung der Ankläger, dass Breivik eine grausame Terrorhandlung von kaum vorstellbarer Bösartigkeit begangen habe. Breivik bestreitet sein beispielloses Verbrechen nicht.

Nach abschließenden Bemerkungen von fünf Überlebenden der Anschläge in Oslo und auf Utøya sollte auch der Angeklagte am Nachmittag das Wort erhalten. Er hat für seine Schlussbemerkung eine Stunde Redezeit verlangt. Überlebende und Hinterbliebene von Opfern Breiviks kündigten an, dass sie zu Beginn des Schlusswortes aus Protest den Gerichtssaal verlassen würden. Im Gegensatz zu den Schlussplädoyers erlaubte das Gericht keine TV-Übertragung von Breiviks Erklärung. Das Urteil soll am 20. Juli oder am 24. August verkündet werden.