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Jetzt liegt das Konzept des Verkehrsministers auf dem Tisch: Die umstrittene Pkw-Maut verspricht eine komplizierte Operation zu werden. Für erwartete Mehreinnahmen gibt es schon Interessenten.

Jetzt liegt das Konzept des Verkehrsministers auf dem Tisch: Die umstrittene Pkw-Maut verspricht eine komplizierte Operation zu werden. Für erwartete Mehreinnahmen gibt es schon Interessenten.

Berlin - Die geplante Pkw-Maut auf allen deutschen Straßen soll einheimischen Autobesitzern nach Angaben von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) keinen größeren Aufwand bringen. Der Preis einer Vignette werde „genauso automatisiert berechnet und mitgeteilt wie die Kfz-Steuer“, sagte Dobrindt am Montag bei der Vorstellung seines Konzepts in Berlin. Er betonte, es werde keine Mehrbelastungen für Inländer geben, da ihre Mautzahlungen durch einen Freibetrag bei der Kfz-Steuer voll ausgeglichen würden. Der Minister zeigte sich offen für Rufe der Länder, an Mehreinnahmen beteiligt zu werden.

Dobrindt sagte, jährlich gebe es 170 Millionen Fahrten ausländischer Autos nach oder durch Deutschland. Deren Halter seien bisher an der Finanzierung der Straßen weitestgehend nicht beteiligt. „Wir wollen diese Gerechtigkeitslücke schließen.“ Sein Modell erfülle dabei das EU-Recht, das Benachteiligungen wegen der Nationalität untersagt.

Gelten soll die Vignettenpflicht ab 1. Januar 2016 für alle Wagen bis 3,5 Tonnen, auch für Motorräder. Konkret sollen heimische Pkw-Halter automatisch eine Jahresvignette bekommen - entweder direkt bei der Anmeldung oder per Post. Der Preis wird nach Umweltfreundlichkeit, Hubraum und Zulassungsjahr errechnet.

Erwartet werden aus den Vignetten Gesamteinnahmen von 4,7 Milliarden Euro im Jahr

So soll ein VW Passat 5 Diesel statt der bisherigen Steuer von 242 Euro künftig noch 137,50 Euro Steuer zahlen - sowie 104,50 Euro für die Vignette, die den neuen Topf einer Infrastrukturabgabe fließen. Ein Honda Jazz 1,4 LS mit Benzinmotor zahlt künftig statt 94,50 Euro Steuer denselben Betrag für eine Vignette. Für Fahrzeuge, die keine Kfz-Steuer zahlen wie Elektroautos, ist auch die Vignette gratis.

Ausländische Fahrer sollen an Tankstellen Zehn-Tages-Vignetten zum Preis von 10 Euro und Zwei-Monats-Vignetten für 20 Euro kaufen können. Per Internet können sie auch eine Jahresvignette bestellen, die wie bei Deutschen nach den Fahrzeugeigenschaften berechnet wird.

Erwartet werden aus den Vignetten Gesamteinnahmen von 4,7 Milliarden Euro im Jahr - davon 3,8 Milliarden Euro von Einheimischen und 860 Millionen Euro von Haltern ausländischer Wagen. Die Systemkosten werden auf rund 260 Millionen Euro veranschlagt. Unter dem Strich sollen also rund 600 Millionen Euro von ausländischen Pkw-Fahren in die neue Infrastrukturabgabe fließen, die zweckgebunden für Investitionen in die Straße verwendet werden soll.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol kündigte eine sorgfältige Prüfung an

Dobrindt begründete die Mautpflicht auf dem ganzen Straßennetz damit, dass ein Ausweichen auf kostenfreie kleinere Straßen vermieden werden soll. Bisher war über eine Nutzungsgebühr für Autobahnen diskutiert worden. Die Vorschläge sollen nun in der Regierung und im Bundestag weiter beraten werden, um einen Gesetzentwurf zu erstellen. Mit der EU-Kommission sei eine gemeinsame Arbeitsgruppe vereinbart worden.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol kündigte eine sorgfältige Prüfung an. „Für die Akzeptanz einer Pkw-Vignette in Deutschland ist ein allgemein verständliches Modell wichtig.“ Aufgrund der Komplexität des vorgeschlagenen Modells gebe es noch viele zu klärende Fragen.

Die Grünen lehnten die Pläne ab. Die Vorschläge seien „unsinnig, ungerecht und (...) ein bürokratisches Monstrum“, sagte Parteichefin Simone Peter. Es sei unter anderem zu befürchten, dass die erwarteten Mehreinnahmen gleich wieder aufgezehrt werden.

Mehrere Länder meldeten Ansprüche an. „Wenn auf Landesstraßen und kommunalen Straßen eine Maut erhoben wird, dann müssen auch die Länder und Kommunen an den Einnahmen beteiligt werden“, sagte der Vorsitzende der Länder-Verkehrsministerkonferenz, Reinhard Meyer (SPD) aus Schleswig-Holstein, der „Welt“ (Montag). Dobrindt sagte, er habe Verständnis hierfür.