Nicht alles war rosarot im Hause Pistorius/Steenkamp. Das gibt der Sportler vor Gericht unumwunden zu. Als er ohne Prothesen die Geschehnisse der Todesnacht nachstellt, bricht Pistorius zusammen. Die Richterin beendet die Verhandlung.

Nicht alles war rosarot im Hause Pistorius/Steenkamp. Das gibt der Sportler vor Gericht unumwunden zu. Als er ohne Prothesen die Geschehnisse der Todesnacht nachstellt, bricht Pistorius zusammen. Die Richterin beendet die Verhandlung.

Pretoria - Oscar Pistorius hat vor Gericht die letzten Stunden vor den tödlichen Schüssen auf seine Freundin Reeva Steenkamp geschildert. Dabei stellte der Paralympics-Sportler auch eine Tatszene ohne Prothesen nach. Nach seiner fast fünfstündigen Aussage brach der 27-Jährige laut schluchzend zusammen. Richterin Thokozile Masipa beendete daraufhin am Dienstag den Verhandlungstag vor dem Gericht in Pretoria.

Auf seinen Beinstümpfen stehend schilderte Pistorius vor einem Modell der Toilette seines Hauses die Umstände der Nacht zum Valentinstag vergangenen Jahres. Der behinderte Profisportler hatte damals durch die Toilettentür seine Freundin erschossen. Er habe dort einen Einbrecher vermutet, beteuerte er.

Pistorius hatte auf Anweisung seines Anwalts Barry Roux seine Unterschenkel-Prothesen abgenommen. Dem Gericht sollte so demonstriert werden, wie verletzlich und klein der Sportler ohne Prothesen ist. Aufnahmen von der Aussage waren nicht gestattet. Nach der Demonstration musste sich der leichenblasse Angeklagte übergeben.

Pistorius: Dachte, jemand sei im Haus

Bei der Schilderung der Ereignisse jener „tragischen Nacht“ versagte Pistorius immer wieder die Stimme. Er schluchzte und weinte. Der Vorabend der Tat sei zwischen ihm und seiner Freundin friedlich und liebevoll gewesen. Beide seien an diesem sehr warmen Abend gegen 22 Uhr ins Bett gegangen. Stunden später habe er verdächtige Geräusche gehört und geglaubt, jemand sei im Haus.

Er habe zunächst geschrien, um den mutmaßlichen Eindringling zu vertreiben, so Pistorius. Zudem habe er im dunklen Schlafzimmer Steenkamp angewiesen, sich auf den Boden zu legen und die Polizei zu alarmieren. Dann habe er nach seiner Waffe unter dem Bett gegriffen und sei ohne Prothesen zum Badezimmer gegangen. Dabei habe er keinen Laut von sich gegeben, um dem Einbrecher keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort zu geben, schilderte Pistorius die Vorgänge, oft stammelnd und unter Tränen.

In dem dunklen Badezimmer habe er zunächst niemand entdeckt, und er habe erneut Steenkamp zugerufen, sie solle die Polizei anrufen. „Da hörte ich ein Geräusch aus der Toilette. Ich bemerkte, dass jemand da herauskommen wollte“, sagte Pistorius. Ohne Nachzudenken habe er vier Schüsse auf die Tür abgegeben. Dann habe er nach seiner Freundin gerufen, sei dann ins Schlafzimmer gegangen. „Ich dachte, vielleicht ist sie ins Erdgeschoss gegangen, weil sie Angst hat.“

"Ich schrie nach Reeva"

Er habe schließlich seine Prothesen angelegt und versucht, die Toilettentür aufzumachen. Allmählich sei ihm gedämmert, dass dahinter Steenkamp liegen könnte. „Ich glaube, ich habe noch nie so geschrien in meinem Leben“, sagte Pistorius. „Ich schrie nach Reeva.“ Als er schließlich die Tür aufgebrochen hatte, habe er sie gefunden, leblos und nicht mehr atmend.

Bei seiner Aussage am Morgen hatte der 27-Jährige eingeräumt, dass es auch Streit und Spannungen mit seiner Freundin gegeben hatte. Er sei zudem manchmal auch eifersüchtig und unsicher gewesen. Pistorius betonte, wie sehr er Steenkamp geliebt habe. Er sei „vernarrt“ in sie gewesen, „aber ich glaube, ich stand mehr auf sie als sie auf mich“, sagte er.

Am 27. Januar 2013 hatte Steenkamp ihm laut einer Textnachricht, die Pistorius mit gebrochener Stimme laut vorlas, heftige Vorwürfe gemacht. Während sie alles tue, um ihn glücklich zu machen, reagiere er oft unwillig, hatte das Model geschrieben. Manchmal habe sie Angst vor ihm. Sie sei deshalb sehr unglücklich. Weinend las der 27-Jährige seine Entschuldigungs-SMS an seine Freundin vor.

Dem Sportler wird nach der Befragung durch seinen Verteidiger Staatsanwalt Gerrie Nel Rede und Antwort stehen müssen. Experten rechnen mit einem mehrtägigen Kreuzverhör. Am Montag hatte sich Pistorius aufgewühlt und weinend bei Familie und Freunden von Steenkamp entschuldigt. Pistorius droht bei einer Verurteilung eine lebenslange Freiheitsstrafe.