In der Gruppe Aufgaben lösen: Darin sind Schüler in Deutschland ganz gut. Foto: dpa-Zentralbild

Eine Untersuchung beleuchtet die Teamfähigkeit von Neuntklässler aus 52 Ländern: Die Mädchen schneiden besser ab als die Jungen. Deutschland liegt im oberen Mittelfeld.

Stuttgart - Die Schüler in Deutschland scheinen gute Teamarbeiter zu sein. Wenn es um das gemeinsame Lösen von Problemen geht, um die Zusammenarbeit mit anderen in einer Gruppe, schneiden 15-Jährige hierzulande besser ab als Kinder in anderen Nationen. Erstmals hat die Organisation für wirtschaftlichen Zusammenarbeit (OECD) in einer Pisa-Studie die soziale Kompetenz von Neuntklässler in 52 gut entwickelten Ländern untersucht. 125 000 Schüler nahmen an der Untersuchung teil, rund 1900 davon in Deutschland. Den Kindern wurden am Computer Aufgaben gestellt, die sie gemeinsam mit virtuellen Partnern bearbeiten mussten. So ging es etwa in der Gruppe darum, ein Ziel für einen Schulausflug zu finden und seine Vor- und Nachteile zu recherchieren, oder es sollte ein Missverständnis ausgeräumt werden.

Spitzenreiter sind Singapur und Japan

Die Spitzenreiter im Vergleich der Länder sind Singapur, Japan und Finnland. Doch Deutschland liegt in puncto Teamfähigkeit der Schüler mit 525 Punkten deutlich über dem OECD-Durchschnitt (500) im oberen Mittelfeld auf dem zwölften Platz, dicht gefolgt von Großbritannien, USA und den Niederlanden. Unter dem OECD-Durchschnitt liegen Frankreich und Italien, die Schlusslichter bilden Brasilien und Tunesien (382 Punkte). Markant ist auch eine Spitzengruppe in Deutschland: Mehr als ein Achtel (13 Prozent) aller Schüler erreichte die höchste Kompetenzstufe beim Problemlösen im Team, im OECD-Durchschnitt sind es acht Prozent.

Auffällig in allen Ländern ist es, dass Mädchen in der Gruppenarbeit besser abschneiden als Jungen. Mit einer 1,6-fach höheren Wahrscheinlichkeit sind sie in der Leistungsspitze vertreten, mit der gleich hohen Wahrscheinlichkeit landen Jungen in der schwächsten Gruppe. Die Erkenntnis passt zu einer Pisa-Studie von 2012, wo Schüler allein Aufgaben lösen mussten: Da schnitten Jungen besser ab als Mädchen. In der Studie heißt es: „All dies deutet darauf hin, dass die Mädchen vor allem in der Teamarbeit sehr große Fähigkeiten haben.“

Ein Lob von der Kultusministerin in Stuttgart

Im gemeinsamen Problemlösen sind deutsche Schüler also gut, jedenfalls erzielen sie dabei bessere Ergebnisse als in den „klassischen“ Feldern, die die Pisa-Studien regelmäßig abfragen: Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Seinen tieferen Sinn haben die sozialen Fähigkeiten in jedem Fall. Auf dem Arbeitsmarkt werde die Teamfähigkeit zunehmend wichtiger, sagt Andreas Schleicher, Pisa-Chefkoordinator der OECD: „Das Abfragewissen verliert dramatisch an Bedeutung, weil Google das besser kann.“ Und Kristina Reiss von der Technischen Universität München, die den deutschen Teil der Studie koordinierte, ergänzt: „Sowohl im Alltag als auch im Beruf stehen wir ständig vor Problemen, die wir ohne andere Menschen nicht lösen können.“

Es gibt offenbar Faktoren, die die Teamfähigkeit von Kindern fördern. So gibt es zwar keine Unterschiede zwischen der „Teamleistung“ von sozial schwachen oder begünstigten Kindern, sowie zwischen Einheimischen und Migranten. „Aber eine höhere Vielfalt im Klassenzimmer bringt tendenziell bessere Fähigkeiten zur Zusammenarbeit“, sagen die Autoren der Pisa-Studie.

Beobachtet worden ist auch in mehreren Ländern, dass einheimische Schüler bessere Teamleistungen erzielen, wenn sie eine Schule mit hohem Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund besuchen. Auffällig ist auch, dass Sport treibende Kinder bessere Gruppenfähigkeiten haben als die Unsportlichen. Und auch die Computernutzung ist ein Faktor: „Wer außerhalb der Schule Videospiele spielt, schneidet bei der Problemlösung im Team etwas schlechter ab als Schüler, die dies nicht tun“, heißt es in der Studie. Allgemein schlecht ist die Computernutzung aber nicht – im Gegenteil. Schüler, die das Internet oder soziale Netzwerke auch außerhalb der Schule nutzen, erzielen leicht bessere Testergebnisse.

Pisa-Koordinator Schleicher weist auch auf wichtigen Anreize im Unterricht hin. Wo mehr Raum zum Austausch gegeben werde – etwa durch Gruppenexperimente in den naturwissenschaftlichen Fächern – da seien die Ergebnisse besser.

Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), derzeit amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz, zeigte sich erfreut über die Studie: „Die Auswertung zeigt, dass die Schülerinnen und Schüler in Deutschland gut gemeinsam Probleme lösen können und teamfähig sind.“ Die Leistungen der Schulen seien im internationalen Vergleich „erfreulich und mehr als konkurrenzfähig“. Das sei ermutigend, denn „Kooperation und Teamfähigkeit“ seien künftig zentrale Fähigkeiten.