Bagger arbeiten im Greifswalder Bodden am Unterwassergraben der neuen Ostseepipeline Nord Stream 2. Foto: dpa

Gaspipelines ziehen sich durch ganz Europa. Seit Jahrzehnten wird an neuen Trassen gebaut – nicht immer mit Erfolg.

Stuttgart - Erdgas ist für Europa überlebenswichtig. Ohne Gas würden auf dem Kontinent die Lichter ausgehen. Rund ein Drittel der benötigten Menge stammt aus Russland. Wie verwundbar die Staaten durch diese Abhängigkeit sind, zeigte sich spätestens beim „Gaskrieg“ im Winter 2008/2009 zwischen Russland und der Ukraine. Gestritten wurde um die Bezahlung von Milliardenschulden für die Energielieferungen. Am Ende floss kein Gas mehr von der Ukraine in Richtung Westen. Schwer getroffen wurden vor allem die Staaten in Südosteuropa. In Bulgarien mussten zahlreiche Schulen geschlossen werden, Brennholz und Kohle sind durch die Nachfrageflut Mangelware.

Diese Erfahrungen sind ein Argument für die Befürworter des Ausbaus der Nord-Stream-Trasse. So werde Europa unabhängigerer von politischen und wirtschaftlichen Streitigkeiten Russlands mit seinen Nachbarn, heißt es. Bisher fließt das meiste russische Gas noch über die Transgas-Pipeline durch die Ukraine. Sie wurde 1973 fertiggestellt und war lange die einzige Trasse zwischen Sibirien und Mitteleuropa. Nicht nur die politischen Unwägbarkeiten sind ein Problem. Die Leitungen durch die Ukraine sind alt und wurden nicht gut gewartet. Eine weitere Route von Ost nach West ist die Yamal-Pipeline. Sie ist knapp 4000 Kilometer lang und leitet Erdgas von der Yamal-Halbinsel in Sibirien durch Russland, Weißrussland über Polen nach Deutschland. Auch während der Krisen zwischen Moskau und Kiew floss die Energie verlässlich in Richtung Westen. Allerdings bereiten die immer wieder auftretenden Spannungen Russlands mit Weißrussland und vor allem Polen den Versorgern einiges Kopfzerbrechen.

Der Bau von Turk Stream läuft auf Hochtouren

Auch auf russischer Seite wird seit Jahren nach neuen Partnern für den Gastransport gesucht. Einer ist die Türkei. Im Moment laufen die Bauarbeiten am Projekt Turk-Stream auf Hochtouren. Mit der Pipeline soll russisches Erdgas durch das Schwarze Meer in die Türkei und nach Europa transportiert werden. Aber auch dieses Vorhaben ist nicht frei von Irritationen. Ursprünglich sollte der Bau bereits Mitte 2015 beginnen. Wegen einer diplomatischen Krise zwischen Russland und der Türkei in Folge des Abschusses eines russischen Kampfjets an der türkisch-syrischen Grenze verzögerte sich das Projekt allerdings.

Einige ehrgeizige Projekte wurden begonnen, sind dann aber nicht beendet worden. Dazu gehört etwa die Pipeline South Stream.Die 2400 Kilometer lange Leitung sollte von Russland durch das Schwarze Meer und die Balkanländer bis nach Österreich gehen. Bis 2014 wurde in Russland und Bulgarien kräftig an dem Projekt gebaut. Ende 2014 wurde es auf Drängen der EU allerdings eingestellt. Unter anderem, weil Gazprom gleichzeitig Betreiber der Pipeline und Gaslieferant gewesen wäre, was der europäischen Regelung widerspricht. Ein Baustopp seitens Bulgarien gehörte auch zum Sanktionspaket der EU gegen Russland im Zuge der Krim-Krise.

Nabucco-Projekt endet vorzeitig

Als eine Art Konkurrent zu South Stream war die Nabucco-Leitung geplant, an der die EU größtes Interesse zeigte. Die Pipeline sollte unter Umgehung von Russland von der bulgarisch-türkischen Grenze Gas nach Österreich liefern. Geplant war eine Trasse durch Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Das Gas sollte aus Aserbaidschan, Kasachstan oder Turkmenistan stammen. Doch es blieb bei der Planung, zu viele Rückschläge waren zu verzeichnen. Der Zeitplan für den milliardenschweren Bau war schließlich nicht mehr zu halten. Die Partner scheuten schließlich eine Investitionsentscheidung und auch die Lieferverträge für das Gas kamen nicht zustande.