Als Jugendlicher litt Weltmeister Lionel Messi auch unter körperlichen Nachteilen – die hat er längst überwunden und ist ein Mega-Star der Branche. Foto: dpa/Tom Weller

Größen- und Gewichtsunterschiede im Jugend-Fußball: Das Pilotprojekt „Playing Down“ soll körperliche Nachteile ausgleichen – die Testphase beginnt.

Welche Eltern von Fußball-verrückten Buben und Mädchen kennen die Szene nicht? Da ist der eigene Sprössling gut einen Kopf kleiner als der Gegner, weil der im Januar geboren wurde und das eigene Kind im Dezember, also fast ein Jahr Altersdifferenz besteht – und doch spielen beide in der gleichen Jugend. Das sorgt für Frust.

Bekanntermaßen verläuft die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen nicht linear und sehr individuell. Wenn deutlich kleinere und leichtere Kinder im Wettkampf einer Altersklasse auf größere und stärkere treffen, sprechen die Fachleute vom „relativen Alterseffekt“ – und der kann für den Verlauf einer sportlichen Entwicklung Nachteile mit sich bringen. „Der relative Alterseffekt ist bei Kindern und Jugendlichen im Wachstum ein bekanntes Problem“, sagt Michael Supper, Verbands-Jugendleiter des Württembergischen Fußball-Verbande (WFV), „gerade im Fußball als zweikampforientierter Sportart führt ein verzögertes Wachstum oft dazu, dass Kinder sich anderen Hobbys zuwenden.“

Diese Unterschiede in der biologischen Reife führen im Jugendfußball vielfach zu Benachteiligungen – im Training wie im Spiel. Eine deutliche geringere Körpergröße verringert die Möglichkeit, sich im Zweikampf gegen biologisch ältere Gegenspielerinnen und -Spieler durchzusetzen. Studien belegen eindeutig die geringere Chance für biologische jüngere Kinder, für Auswahlkader berücksichtigt zu werden. In Mannschaftssportarten betrifft dies in der Regel Kinder und Jugendliche, die in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres geboren werden.

Uni Tübingen begleitet Projekt

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) führt in dieser Spielzeit in mehreren Landesverbänden ein Pilotprojekt durch, das sich an biologisch jüngere Kicker richtet. Ziel ist es, diesen Kids zeitweise die Möglichkeit zu geben, in einer jüngeren Altersklasse zu spielen („Playing-Down“), um sich dort mit körperlich ähnlich entwickelten Kindern zu messen. Das Projekt wird wissenschaftlich vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Tübingen begleitet.

Einstufung gemäß von Kriterien

Ob ein Kind in die Kategorie „biologisch jünger“ fällt, wird anhand objektiver Kriterien bestimmt: So wird das Körpergewicht in Relation zum Alter gemessen, wie auch die Körpergröße im Stehen und Sitzen. Kinder, die entsprechende Werte aufweisen, können einen Antrag stellen, übergangsweise in eine altersgerechte Spielklasse eingruppiert zu werden. Die Regelung gilt für ein halbes Kalenderjahr; nach Ablauf der Sondergenehmigung ist eine erneute Bestimmung der biologischen Messwerte notwendig.

„Wenn wir durch eine altersgerechte Zuordnung der Kinder ein frühzeitige Ausscheiden verhindern können, bleiben uns mit Sicherheit viele Talente erhalten, die später großen Spaß am Fußballspielen haben“, betont Michael Supper vom WFV. Ausnahmen bestätigen dabei freilich die Regel. Lionel Messi, Weltmeister 2022 und Fußball-Legende, hat trotz seines verzögerten Wachstums und seiner Körpergröße (heute: 1,69 Meter) sein extremes Talent entwickeln und später perfektionieren können.