Beton läuft Asphalt den Rang ab – eine Schlüsselrolle nimmt an der B 27 bei Kirchheim das neue Verfahren Grinding ein. Foto: Werner Kuhnle

Beton statt Asphalt – ist das die Zukunft im Straßenbau? Das sogenannte Grinding wird in einem Pilotprojekt an der B 27 bei Kirchheim am Neckar (Kreis Ludwigsburg) ausprobiert.

Was ist besser: Asphalt oder Beton? Straßenbauer schwören im Normalfall auf das schwarze Material. Das muss aber nicht in jedem Fall besser sein. Beton rückt verstärkt in den Fokus, aktuell bei einem Pilotprojekt an der B 27 in Kirchheim am Neckar. Die Bundesstraße wird noch bis Mitte Dezember saniert. Eine Schlüsselrolle spielt das so genannte Grinding – ein neues Verfahren, das viele Vorteile auf sich vereint.

 
Entscheidend ist die Textur des Betons – nötig sind Rillen. Foto: Werner Kuhnle

1. Warum wird in Kirchheim Beton und nicht Asphalt verwendet?

Die Bundesstraße 27 zwischen Kirchheim und Lauffen ist steil. Der etwa ein Kilometer lange Abschnitt nach Kirchheim weist ein Gefälle von bis zu zwölf Prozent auf, der nach Lauffen bis zu acht bis neun Prozent. Ist es im Sommer heiß, schieben tonnenschwere Lastwagen beim Bremsen den Asphaltbelag zusammen und beschädigen ihn. Das kann beim Beton nicht passieren, erklärt Andreas Klein, Referatsleiter beim Regierungspräsidium Stuttgart. Er betreut das Pilotprojekt, das Schule machen soll.

2. Warum soll Beton plötzlich besser als Asphalt sein?

Der Waschbeton ist für den Straßenbau wesentlich besser, wenn ihm beim Grinding mit einer 600 PS starken Fräsmaschine mit Diamantschleifer auf 0,5 Zentimeter der Oberschicht eine Textur eingeritzt wird. Grinding heißt übersetzt „Schleifen“ – das heißt, die Betonblöcke werden beim ersten Abschleifen ganz geglättet, dann in Längsrichtung aufgefräst. „Damit wird der Belag vor allem griffiger“, erklärt Andreas Klein, was eben beim Bremsen in Gefällstrecken Vorteile biete.

3. Entsteht auf einer Betonstraße weniger Lärm?

Die Experten gehen davon aus, dass dank des Grindings auf einer Betonstraße 4 bis 5 Dezibel weniger Lärm entsteht. Solche Werte ergaben Messungen auf Autobahnen, die mit Grinding neu belegt wurden. Andreas Klein hofft, dass auch die Bewohner von Kirchheim weniger Fahrgeräusche von der B27 zu hören bekommen. „Auf Asphalt gibt es bei bremsenden Lastwagen an den Reifen Knallgeräusche, weil Luft zusammengedrückt wird – das ist bei gegrindetem Beton viel leiser.“

4. Wie steht es um die Rutschgefahr?

Die Rutschgefahr ist laut Klein auf Beton geringer als auf Asphalt. „Die Rillen bieten eine bessere Entwässerung.“ Dieser Vorzug wirke sich bei Starkregen und möglichem Aquaplaning aus. Im Winter brauche das Wasser etwas länger als auf Asphalt, um auf der Straße zu gefrieren, da es in den Rillen besser abfließen kann. „Gesalzen werden muss aber bei beiden Belägen.“

5. Wie lange hält eine Betonstraße?

Die Rillen müssen nach etwa 15 bis 20 Jahren nachgezogen werden, erklärt Andreas Klein. Zum Vergleich: Eine Asphaltstraße mit ihren drei Schichten sollte schon nach etwa zehn Jahren erneuert werden. Das verzögere sich aber oft wegen der Vielzahl von Straßensanierungen. „Das vergrößert die Schäden im Untergrund, da immer mehr Wasser eindringt.“ Eine Betonstraße hingegen halte insgesamt etwa 30 Jahre lang.

6. Wie steht es um die Kosten im Vergleich zum Asphalt?

Der Experte Klein geht von zehn bis 20 Prozent höheren reinen Baukosten bei Beton aus. Das Projekt in Kirchheim ist mit 4,3 Millionen Euro kalkuliert. Der Diamantschleifer zieht sechs Bahnen, die etwa zwei bis drei Kilometer lang sind und etwa 24 000 Quadratmeter Fläche ergeben. Der Einsatz von Beton als Ersatz für Asphalt lohne vor allem an viel befahrenen Gefällstrecken und Kreisverkehren.

7. Wie wird das Pilotprojekt in Kirchheim ausgewertet?

Das Regierungspräsidium lässt Messungen vornehmen. Griffigkeit, Lärm und weitere Werte sollen jetzt sowie nach drei und sechs Jahren ermittelt werden. Sollte es zum Ausbau der B 10 bei Enzweihingen kommen, käme das Grinding laut Klein in Frage.