Die Idee eines zusätzlichen Behälters für Pfandflaschen stammt aus Hamburg. Ursprünglich war er aus Getränkekisten selbst gebastelt und hing an Laternenmasten. Foto: dpa

Der Jugendrat will den Pfandsammlern durch zusätzliche Behälter an Mülleimern zu mehr Würde verhelfen. Das Anliegen ist vor zwei Jahren gescheitert. Jetzt bekommt die Idee neuen Aufwind, ein Pilotprojekt steht in Aussicht.

S-Mitte - Die eine Seite ist die amtliche: zu kompliziert, zu teuer, von fragwürdigem Nutzen, womöglich sogar gefährlich und letztlich aus optischen Gründen im Stadtbild nicht vertretbar. Dies ist die Zusammenfassung der Antwort auf einen Antrag der Grünen im Gemeinderat aus dem Jahr 2012.

Eine Umfrage bestätigte die Ablehnung des Systems

Damals wollte der Jugendrat Mitte den Sammlern von Pfandflaschen die Arbeit erleichtern und ihnen ein wenig menschliche Würde zurückgeben. Dies mittels zusätzlicher Sammelbehälter, die an städtischen Mülleimern angebracht werden könnten. Wer eine Pfandflasche zu entsorgen hat, stellt sie in die dafür vorgesehene Öffnung. Die Grünen hielten die Idee für gut. Die Ämter hielten sie für Unfug. Leichtfertige Ablehnung ist ihnen dabei nicht vorzuwerfen. Dem Nein war sogar das Ergebnis einer Umfrage unter 16 Städten beigefügt, die ein solches System allesamt abgelehnt haben.

Mit Argumenten und Zahlen für ein Pilotprojekt

Die andere Seite ist die jugendliche. Die lautet: Ist eine Idee richtig, muss eine amtliche Ablehnung zwangsläufig falsch sein. Ihretwegen ist Michael Williams in den Bezirksbeirat Mitte gekommen. Er vertritt den städtischen Gesamtjugendrat, der das Thema inzwischen übernommen hat. So gut wie alle amtlichen Argumente seien mittlerweile hinfällig. So erklärt es Williams den Lokalpolitikern. Er hat Zahlen mitgebracht, unter anderem die, dass die Deutschen pro Jahr rund 56 Millionen Hektoliter Bier trinken. Er hat Argumente mitgebracht. Unter anderem das, dass die Idee auf dem Gelände der Universität inzwischen erprobt und gelobt ist.

„Vielleicht entscheidet sich der Gemeinderat doch wenigstens für ein Pilotprojekt“, sagt Williams. Zumindest die Bezirksbeiräte überzeugt er. Der Sozialdemokrat Manuel Krauß schlägt vor, das Hospitalviertel zum Versuchsgebiet fürs erleichterte Flaschensammeln zu erklären. Flaschen sind in der Nachbarschaft zur Theodor-Heuss-Straße reichlich vorhanden. Das belegt ein frühmorgendlicher Blick auf die Straßen genauso wie die Statistik der Müllentsorgung. Den Vorschlag beschließt der Bezirksbeirat einstimmig.

In Hamburg und Berlin als Vorreiter

Womöglich lässt sich der Gemeinderat tatsächlich umstimmen. Die Grundidee stammt vom Kölner Designer Paus Ketz. Populär wurde sie, nachdem der alternative Hamburger Limonadenhersteller Lemonaid, sie „in einer Guerillaaktion adaptiert hat“, wie Ketz sagt. Die Hamburger zersägten Getränkekisten, hängten sie mit Kabelbindern an Laternenmasten und fanden immer mehr Nachahmer, zunächst in Berlin. Dort wirbt die Initiative „Pfand gehört daneben“ für die einfachste Variante: Flaschen neben die Abfalleimer zu stellen.

Design trifft auf Abfalleimer

Aber so selbstverständlich, wie in einer dreidimensionalen Welt Stuttgart niemals Hamburg sein kann, ist im hiesigen Rathaus undenkbar, handgesägte Zusatz-Müllkübel zu erlauben. Die müssen allerdings nicht mehr abgelehnt werden. Ketz, gerade 26 Jahre alt, hat einen Pfandring erdacht, der genau das ist, was der Begriff aussagt: Ein metallener Ring mit Öffnungen in Flaschengröße, der um die Abfallbehälter gelegt wird. Es scheint, als hätte Ketz damit den ersten Treffer seines jungen Designerlebens erzielt. Das Presseecho ist ein bundesweites, bemerkenswert und einhellig lobend.

Viele Städte haben den neuen Behälter bestellt

Das bliebe nicht ohne Wirkung. Jene amtliche Umfrage unter Städten dürfte inzwischen ein anderes Ergebnis haben als vor zwei Jahren. Bamberg, Köln, Magdeburg, Bielefeld und Karlsruhe haben bei Ketz bestellt. Sindelfingen und Hameln wollen ebenfalls Ringe um ihre Mülleimer stülpen. Womit sich alsbald zumindest ein Argument gegen die Idee der zusätzlichen Pfandflaschenbehälter erledigen wird: zu teuer. Weil der Designer seine Pfandringe selbst fertigt, verlangt er bisher rund 350 Euro für ein Einzelstück. Aber schon bei einer Bestellung ab zehn Stück mindert er den Preis auf ein Drittel. Ohnehin „möchte ich lediglich meine Kosten und den Arbeitsaufwand mit dem Preis decken“, sagt er, „das Projekt ist mir eine Herzensangelegenheit“.