Heidi Hofmann und Markus Herzig singen mit den Schülern das Freundschaftslied. Foto: Rebecca Stahlberg

An der Riedseeschule in Möhringen gibt es ein Pilotprojekt für die Vorbereitungsklassen. Mitglieder des Stuttgarter Märchenkreises bringen den Schülern aus aller Herren Länder Märchen nahe – und lernen dabei Deutsch mit ihnen.

Möhringen - „Ja , wir kommen von weit her, uns’re Heimat fehlt uns sehr. Ist der Weg auch noch so lang, macht die Zukunft uns nicht bang!“ Diese Liedzeilen haben die Schüler der Vorbereitungsklassen an der Grundschule der Riedseeschule in den vergangenen Tagen gelernt. Die ganze Woche über nehmen die 14 Jungen und Mädchen aus aller Herren Länder an einem Märchenprojekt teil, das vom Verein Stuttgarter Märchenkreis organisiert wird. Ein Drittel der Schüler sind Flüchtlingskinder, die anderen sind Zugezogene. Bevor sie in die Regelklassen wechseln, lernen sie in den Vorbereitungsklassen Deutsch, um dem Unterricht folgen zu können. Inbrünstig singen die Schüler im Alter von sieben bis elf das Lied mit, Markus Herzig begleitet sie an der Gitarre.

Herzig ist Märchen- und Geschichtenerzähler. Gemeinsam mit der Erzählerin Heidi Hofmann bringt er den Schülern in der Projektwoche Märchen nahe – und übt zugleich Deutsch mit ihnen. Das Pilotprojekt wird vom Jugendamt gefördert. „Wir sind sehr zufrieden, wie es läuft und würden das gerne auch an anderen Schulen anbieten“, sagt Herzig. Andrea Wehlan ist die Lehrerin einer der Vorbereitungsklassen. Bei Märchen werde zumeist im Präteritum gesprochen, sagt sie. „Diese Vergangenheitsform wird im Alltag sonst kaum benutzt. Hier bekommen es die Schüler ständig zu hören. Dadurch erkennen sie es leichter wieder“, nennt sie einen positiven Effekt. „Märchen sind die Brücke zwischen Schriftsprache und gesprochener Sprache“, sagt Hofmann. Man kombiniere die bildhafte Sprache der Märchen mit visuellen Hilfsmitteln und Bewegungen, beschreibt sie ihre Vorgehensweise. Es gehe darum, mit allen Sinnen zu erzählen, fügt Herzig hinzu. „Um die Schüler damit zum Mitmachen zu aktivieren.“

Zum Abschluss führen die Kinder eine Märchenreise auf

Bei den Jungen und Mädchen der Vorbereitungsklasse funktioniert es sehr gut: Während Hofmann an diesem Vormittag ein Märchen aus Indien erzählt, rufen die Schüler an den richtigen Stellen die passenden Wörter. Sie scheinen keine Schwierigkeiten zu haben, der Handlung zu folgen. Alle sind mit großem Elan dabei und lauschen fasziniert. Hofmann illustriert ihre Geschichte derweil mit Handpuppen.

Zum Abschluss der Projektwoche gibt es eine Aufführung. Auf einem fliegenden Teppich reisen die Schüler von der Mongolei, dem am weitesten entfernten Herkunftsland eines der Kinder, bis nach Deutschland. Unterwegs „fliegen“ sie über weitere Heimatländer: China, Indien, Nigeria, El Salvador, Italien, Syrien oder die Türkei. An jeder Station trägt das jeweilige Kind etwas vor. Je nach Sprachkenntnis – manche besuchen seit zehn Monaten die Vorbereitungsklasse, andere erst seit einigen Wochen – sind es Begrüßungsformeln in der Muttersprache oder Anderes aus ihren Ländern. Um gut vorbereitet zu sein, üben die Kinder am Ende des Vormittags noch einmal das Lied, das sie ebenfalls aufführen werden. „Denn wir sind ja nicht allein, Freunde wollen wir jetzt sein. Fliegen von Land zu Land, knüpfen so ein Freundschaftsband“, singen sie fröhlich im Chor.