Gleicher Job – ungleiche Bezahlung: Die Gehaltsschere bei Piloten ist groß. Foto: Fotolia

Sie pochen auf ihren Vorruhestand und fordern mehr Geld: Die Piloten der Lufthansa haben die größte deutsche Fluggesellschaft drei Tage weitgehend lahmgelegt. Doch Höchstgehälter von über 250 000 Euro im Jahr gelten längst nicht für alle Flugzeugführer.

Sie pochen auf ihren Vorruhestand und fordern mehr Geld: Die Piloten der Lufthansa haben die größte deutsche Fluggesellschaft drei Tage weitgehend lahmgelegt. Doch Höchstgehälter von über 250 000 Euro im Jahr gelten längst nicht für alle Flugzeugführer.

Stuttgart - Es ist dem Piloten untersagt, mit Journalisten zu sprechen. Er riskiert seinen Job, wenn er den Mund aufmacht. Die Umgangsformen bei der irischen Billigfluggesellschaft Ryanair sind nicht zimperlich. Wir nennen den Piloten Thorsten B.

Thorsten B. und seine Kollegen haben in den vergangenen Tagen verfolgt, wie die 5400 Lufthansa-Piloten den Betrieb ihrer Gesellschaft weitgehend lahmgelegt haben. Die Airline spricht von Verlusten in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe. Insgesamt waren rund 3800 Verbindungen mit 425 000 betroffenen Fluggästen abgesagt worden. Rund zehn Prozent des üblichen Angebots hielt die Airline aufrecht.

„Innerhalb der Branche führt das zu Unverständnis und Neid“, sagt Thorsten B. „Ich selbst bin weniger neidisch, denn ich habe einfach akzeptiert, dass ich niemals das Höchstgehalt eines Kollegen von der Lufthansa erreichen werde“, sagt er. „Aber im Grunde machen wir die gleiche Arbeit, fliegen sogar mehr Stunden, bekommen aber weniger Geld. Bei Co-Piloten mache der Gehaltsunterschied um die 50 Prozent aus.

Bei der Lufthansa liegt das Einstiegsgehalt nach Unternehmensangaben bei 73 000 Euro und steigt in der Endstufe inklusive Zulagen auf mehr als 255 500 Euro im Jahr.

„Auch aus der Perspektive eines Piloten sind das exorbitant hohe Gehälter“, sagt Thorsten B. „Die Lufthansa-Kollegen sind die Spitzenverdiener unter uns.“ Den Streik versteht er als Besitzstandswahrung. „Die Piloten haben eine gute Verhandlungsposition und mit der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit eine starke Vertretung, sie können einfach sagen, wo es langgeht“, sagt Thorsten B. „Und wenn die Piloten zehn Prozent mehr verdienen wollen, wird eben so lange gestreikt, bis sie ein Angebot haben, das sie zufrieden stimmt.“

Piloten versuchen auch bei Ryanair eine Mitarbeitervertretung zu etablieren

Auch bei der irischen Gesellschaft Ryanair haben Piloten versucht, eine Mitarbeitervertretung zu etablieren. Amerikanische und europäische Pilotenverbände haben die Ryanair Pilot Group (RPG) gegründet und einen Interimsrat gewählt. Jedoch: Ryanair erkennt die RPG nicht an.

Auch innerhalb der Ryanair-Belegschaft ist die Haltung zur RPG gespalten. „Dass jemand zwischen mir und der Firma steht, ist sicherlich gut“, sagt Thorsten B., „aber Gewerkschaften sind auch mit Vorsicht zu genießen“. Es gebe bei Ryanair Piloten mit der Befürchtung, dass diese nicht die nötige betriebswirtschaftliche Weitsicht an den Tag legten, so der Flugzeugführer.

Pilotengewerkschaften beschreiben es als schwer, bei Ryanair Fuß zu fassen, da die Piloten so ängstlich seien. Sie stehen unter Druck. Die Billiglinie war 2012 in die Negativschlagzeilen geraten, weil gleich drei Flugzeuge einen Notruf absetzen mussten, da sie nicht mehr genügend Treibstoff an Bord hatten. Damals war herausgekommen, dass die Airline auflistet, welche Piloten das meiste des teuren Kerosins verbrauchen.

Die Treibstoffverbrauchstabellen gibt es immer noch, sagt Thorsten B. „Es gibt sicherlich Piloten, die überall der Beste sein wollen. Ich persönlich schaue so gut wie nie auf diese Liste.“ Ryanair sagt, Zweck der Liste sei nicht die Kontrolle der Piloten, sondern „sicheres Fliegen zu fördern.“

Die Airline beschreibt sich als guten Arbeitgeber: „Ryanairs Flugkapitäne verdienen bis zu 150 000 Euro pro Jahr und genießen einen sicheren Arbeitsplatz, Gehaltserhöhungen und einen angenehmen Dienstplan“, sagt eine Sprecherin unserer Zeitung. „Daher haben wir eine Warteliste mit über 5000 Piloten und Kabinenpersonal, die gerne für Ryanair arbeiten würden.“

Die Gehaltsschere bei Piloten klafft international weit auseinander. Die Lufthansa-Gehälter entsprechen in etwa denen anderer europäischer Ex-Staatsfluglinien wie Air France oder British Airways. Kapitäne der zum Lufthansa-Konzern gehörenden Swiss bekommen mit bis zu 150 000 Euro schon deutlich weniger. Groß sind die Unterschiede in den USA: Je größer die Fluggesellschaft und das Flugzeug und je mehr Berufsjahre, desto höher fällt der Gehaltsscheck aus. Bei den Regional-Airlines verdient ein Pilot im Schnitt knapp 40 000 Euro. Piloten bei großen Gesellschaften kommen auf fast 100 000 Euro.

Info

Nach dem dreitägigen Streik der Lufthansa-Piloten hat die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit weitere Ausstände bis zum Ende der Osterferien ausgeschlossen. Lufthansa will an diesem Samstag nahezu ihr komplettes Programm wieder fliegen. Eine Lösung des Tarifkonflikts der rund 5400 Piloten zeichnete sich zum Streikende aber nicht ab. Ein neues Angebot seitens der Lufthansa werde es nicht geben, sagte der Lufthansa-Manager Kay Kratky.

Die Piloten kämpfen für das Überbrückungsgeld, das die Lufthansa bisher zahlte, wenn Piloten mit frühestens 55 Jahren in Rente gehen wollten. Außerdem fordern sie zehn Prozent mehr Gehalt.