Männer seien in ihren reproduktiven Rechten eingeschränkt, wenn sie nur das Kondom als Verhütungsmittel haben, sagt Franka Frei. Foto: imago//Bonninstudio

Mehr als 100 Verhütungsmöglichkeiten für Frauen, eine für Männer: Die Autorin Franka Frei sieht darin eine Ungerechtigkeit. Die Lösung könnte ein kleiner Ring aus Silikon sein, erklärt sie im Interview.

Die Berliner Autorin und Aktivistin Franka Frei hat irgendwann nach Büchern über die Pille für den Mann gegoogelt, und ist dabei auf zwei gestoßen: Eines war eigentlich über American Football, das andere fast 20 Jahre alt. Also hat sie selbst recherchiert, und ein Buch darüber geschrieben, warum Verhütung auch Männersache ist.

 

Frau Frei, es gibt Kondome für Männer, die Pille und viele weitere Verhütungsmittel für Frauen. Warum braucht es überhaupt weitere Kontrazeptiva für Männer?

Es geht darum, die Palette an Optionen zu erweitern. Umso mehr man ausprobieren kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass für jeden Menschen etwas dabei ist. Auch Männer sollen die Möglichkeit haben, selbst zu verhüten – und damit Kontrolle und Eigenverantwortung zu übernehmen. Außerdem ist das Kondom zwar wichtig als Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten, aber eines der unsichersten Verhütungsmittel. Es ist streng genommen ein Einschnitt in die reproduktiven Rechte von Männern, dass Männern Verhütungsmittel verwehrt bleiben, die es längst geben könnte und die mehr Sicherheit als das Kondom verschaffen würden.

Was bedeuten die wenigen Verhütungsoptionen bei Männern am Ende für Frauen?

Auch Frauen sollen die Möglichkeit haben zu sagen, ich möchte nicht selbst verhüten und mich stattdessen auf meinen Partner verlassen. Das ist eine Entscheidung, die Paare gemeinsam fällen können sollen, und das Vorhandensein mehrerer Optionen ist eine Gerechtigkeitsfrage. Männer brauchen eine breite Palette an Verhütungsmöglichkeiten, wie es sie bei Frauen mit über 100 Varianten aus verschiedenen Pillen, Spiralen, Stäbchen und Spritzen bereits gibt.

Die Autorin

Die Pille für den Mann wird seit Jahrzehnten angekündigt. Wird es sie jemals geben?

In der klinischen Forschung zu Verhütungsmethoden für Menschen mit Spermien sind tatsächlich hormonelle Methoden am weitesten fortgeschritten, weil sie schon am längsten getestet werden. Eine tatsächliche Pille ist derzeit nicht in Sicht. Es heißt, das größte Potenzial für eine baldige Marktzulassung steckt in einem hormonell wirkenden Gel, das man sich täglich auf die Schultern auftragen und vier Stunden einziehen lassen müsste. Längerfristig braucht es aber Alternativen, die eine einfachere Anwendung zulassen. Das Problem ist: Die Pharmaindustrie hat sich aus der Finanzierung zurückgezogen – die Forschung droht daher immer mehr zum Erliegen zu kommen. Daher nehmen immer mehr Männer die Sache selbst in die Hand und nutzen eine recht einfach Methode zur Verhütung – auf Eigenverantwortung.

Sie meinen damit Männer, die den Andro-Switch nutzen, einen Ring aus Silikon, den man sich über Penis und Hoden stülpt. Was bewirkt der?

Der Ring hebt den Hoden an, dadurch erhöht sich seine Temperatur um ein bis zwei Grad. Durch die Wärme werden weniger bis keine Spermien mehr produziert – das reicht aus, dass Frauen nicht mehr schwanger werden können. Das vielversprechende an dem Ring ist, dass es ihn schon gibt – offiziell jedoch aktuell nur als Kunstgegenstand. Gerade werden Mittel für großflächige klinische Studien zusammengekratzt, die dies ändern sollen. Dahinter steckt eine wachsende Protestbewegung.

Franka Frei mit einem Andro-Switch; in Frankreich sollen ihn etwa 6000 Männer nutzen. Foto: Rosa Linda Saal

Viele Männer haben bestimmt Bedenken, sich diesen Ring drüber zu stülpen. Was wissen wir über die gesundheitlichen Auswirkungen?

Ja. Es gibt eine Reihe von Studien zu wärmebasierter Verhütung, die teils schon einige Jahrzehnte zurückreichen. Die Ergebnisse waren vielversprechend, es gab keine Nebenwirkungen, es wurden auch keine Zusammenhänge mit Hodenkrebs festgestellt und wenn man ihn nicht mehr verwendet, produziert man wieder Spermien. Allerdings muss man dazu sagen, dass diese Studien relativ klein waren. Um etwas wie den Andro-Switch zuzulassen, müsste mehr geforscht werden. Aber ich habe viele Männer kennengelernt, die das Risiko, den Ring zu nutzen, als klein genug betrachten – ihnen ist es die Sache wert. Und mit ihrem Tun gerät ein Stein ins Rollen, der seit 40 Jahren feststeckt.

Die Autorin

Werdegang
Franka Frei ist 1995 in Köln geboren, aufgewachsen in Salzburg, daheim in Berlin. Sie studiert dort Gender Studies an der Humboldt Universität, vor allem ist sie aber als Aktivistin, Journalistin und Autorin aktiv.

Werke
Gerade erscheint von Frei das populärwissenschaftliche Sachbuch „Überfällig. Warum Verhütung auch Männersache ist.“, an diesem Dienstag findet im Pfefferberg-Theater in Berlin die Buchpremiere statt. 2021 veröffentlichte sie ihren Debütroman „Krötensex“, 2019 erschien „Periode ist politisch“.

Frau Frei, es gibt Kondome für Männer, die Pille und viele weitere Verhütungsmittel für Frauen. Warum braucht es überhaupt weitere Kontrazeptiva für Männer?

Es geht darum, die Palette an Optionen zu erweitern. Umso mehr man ausprobieren kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass für jeden Menschen etwas dabei ist. Auch Männer sollen die Möglichkeit haben, selbst zu verhüten – und damit Kontrolle und Eigenverantwortung zu übernehmen. Außerdem ist das Kondom zwar wichtig als Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten, aber eines der unsichersten Verhütungsmittel. Es ist streng genommen ein Einschnitt in die reproduktiven Rechte von Männern, dass Männern Verhütungsmittel verwehrt bleiben, die es längst geben könnte und die mehr Sicherheit als das Kondom verschaffen würden.

Was bedeuten die wenigen Verhütungsoptionen bei Männern am Ende für Frauen?

Auch Frauen sollen die Möglichkeit haben zu sagen, ich möchte nicht selbst verhüten und mich stattdessen auf meinen Partner verlassen. Das ist eine Entscheidung, die Paare gemeinsam fällen können sollen, und das Vorhandensein mehrerer Optionen ist eine Gerechtigkeitsfrage. Männer brauchen eine breite Palette an Verhütungsmöglichkeiten, wie es sie bei Frauen mit über 100 Varianten aus verschiedenen Pillen, Spiralen, Stäbchen und Spritzen bereits gibt.

Die Autorin

Die Pille für den Mann wird seit Jahrzehnten angekündigt. Wird es sie jemals geben?

In der klinischen Forschung zu Verhütungsmethoden für Menschen mit Spermien sind tatsächlich hormonelle Methoden am weitesten fortgeschritten, weil sie schon am längsten getestet werden. Eine tatsächliche Pille ist derzeit nicht in Sicht. Es heißt, das größte Potenzial für eine baldige Marktzulassung steckt in einem hormonell wirkenden Gel, das man sich täglich auf die Schultern auftragen und vier Stunden einziehen lassen müsste. Längerfristig braucht es aber Alternativen, die eine einfachere Anwendung zulassen. Das Problem ist: Die Pharmaindustrie hat sich aus der Finanzierung zurückgezogen – die Forschung droht daher immer mehr zum Erliegen zu kommen. Daher nehmen immer mehr Männer die Sache selbst in die Hand und nutzen eine recht einfach Methode zur Verhütung – auf Eigenverantwortung.

Sie meinen damit Männer, die den Andro-Switch nutzen, einen Ring aus Silikon, den man sich über Penis und Hoden stülpt. Was bewirkt der?

Der Ring hebt den Hoden an, dadurch erhöht sich seine Temperatur um ein bis zwei Grad. Durch die Wärme werden weniger bis keine Spermien mehr produziert – das reicht aus, dass Frauen nicht mehr schwanger werden können. Das vielversprechende an dem Ring ist, dass es ihn schon gibt – offiziell jedoch aktuell nur als Kunstgegenstand. Gerade werden Mittel für großflächige klinische Studien zusammengekratzt, die dies ändern sollen. Dahinter steckt eine wachsende Protestbewegung.

Franka Frei mit einem Andro-Switch; in Frankreich sollen ihn etwa 6000 Männer nutzen. Foto: Rosa Linda Saal

Viele Männer haben bestimmt Bedenken, sich diesen Ring drüber zu stülpen. Was wissen wir über die gesundheitlichen Auswirkungen?

Ja. Es gibt eine Reihe von Studien zu wärmebasierter Verhütung, die teils schon einige Jahrzehnte zurückreichen. Die Ergebnisse waren vielversprechend, es gab keine Nebenwirkungen, es wurden auch keine Zusammenhänge mit Hodenkrebs festgestellt und wenn man ihn nicht mehr verwendet, produziert man wieder Spermien. Allerdings muss man dazu sagen, dass diese Studien relativ klein waren. Um etwas wie den Andro-Switch zuzulassen, müsste mehr geforscht werden. Aber ich habe viele Männer kennengelernt, die das Risiko, den Ring zu nutzen, als klein genug betrachten – ihnen ist es die Sache wert. Und mit ihrem Tun gerät ein Stein ins Rollen, der seit 40 Jahren feststeckt.

Die Autorin

Werdegang
Franka Frei ist 1995 in Köln geboren, aufgewachsen in Salzburg, daheim in Berlin. Sie studiert dort Gender Studies an der Humboldt Universität, vor allem ist sie aber als Aktivistin, Journalistin und Autorin aktiv.

Werke
Gerade erscheint von Frei das populärwissenschaftliche Sachbuch „Überfällig. Warum Verhütung auch Männersache ist.“, an diesem Dienstag findet im Pfefferberg-Theater in Berlin die Buchpremiere statt. 2021 veröffentlichte sie ihren Debütroman „Krötensex“, 2019 erschien „Periode ist politisch“.