Einer der wichtigsten Museumschefs in Deutschland: Philipp Demandt Foto: Gaby Gerster

Näher dran an herausragenden Persönlichkeiten der Kunst – die „Stuttgarter Nachrichten“-Gesprächsreihe „Über Kunst“ in der Staatsgalerie Stuttgart macht es möglich. Nächster Gast ist am Donnerstag, 3. Mai, Philipp Demandt, Direktor der Kunstmuseums Städel, der Kunsthalle Schirn sowie des Liebighauses in Frankfurt.

Stuttgart - „Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man selbst von etwas begeistert ist, steckt man damit auch andere an.“ Philipp Demandt spricht ruhig, manchmal fast ein wenig leise. Die Präzision dabei schafft Aufmerksamkeit. Demandt weiß: Selbst von etwas begeistert zu sein, heißt für ihn als Museumsdirektor, andere für eine Idee, für eine Ausstellung, für eine Sammlung, für ein Haus gewinnen zu müssen.

Begeisterung wecken, Vertrauen schaffen

Zur wichtigen Aktie wird neben der Begeisterung so die Fähigkeit, Vertrauen zu gewinnen. „Sie können“, sagt Demandt, „nicht ein Museum übernehmen und sagen, hoppla, hier komme ich, jetzt mache ich mal alles neu. Sondern man muss sich lange reinfühlen.“ Dabei jedoch Präsenz zeigen, hörbar, sichtbar, fühlbar Verantwortung übernehmen.

So wie 2012 in Berlin. In der ersten Ausstellung als Direktor der Alten Nationalgalerie präsentiert Demandt, zuvor bei der Kulturstiftung der Länder tätig, Tierplastiken des italienischen Bildhauers Rembrandt Bugatti (1884-1916). „Die Schau“, schreibt der „Tagesspiegel“, „hätte auch gründlich schiefgehen können. Dackel, Elefanten und Antilopen bevölkerten das Museum. Dazu kam die schillernde Biografie des Künstlers. Hätte sich die Ausstellung populistisch ans Publikum angebiedert, sie wäre gescheitert. Stattdessen präsentierte Philipp Demandt die quirligen Bronzen mit ästhetischer Präzision.“ Das Blatt summiert: „Mit Rembrandt Bugatti zog Bewegung in die Alte Nationalgalerie ein“. Ein Fazit, das sich übertragen lässt – Demandt holt die Alte Nationalgalerie ins Scheinwerferlicht.

Der gebürtige Konstanzer verknüpft Kunst und Geschichte

Philipp Demandt? In Konstanz wird er 1971 geboren, in Berlin verbringt er Kindheit und Jugend – und studiert an der Freien Universität Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Publizistik. 2001 promoviert er über die Bedeutung des „Luisenkults“ für den preußischen Staat. Luise Auguste Wilhelmine Amalie Herzogin zu Mecklenburg (1776-1810) tritt als Gemahlin König Friedrich Wilhelms III. von Preußen für ihre Zeit überraschend selbstbewusst auf, und ihre eigene Geschichte verknüpft sich mit dem Kampf Preußens gegen die kontinentalen Machtansprüche des französischen Kaisers Napoleon Bonaparte.

Ein Thema, das ihn noch immer und immer wieder interessiert. Demandt geht es um Grundsätzliches: die Funktion und die Macht von Bildern bei der Identitätsbildung – und die Rolle des über Bilder transportierten Luisenkults „als Motor des Nationalgefühls“.

Demandt will „gesellschaftliche Fragen“ stellen

Immer wieder verblüfft Demandts Interessens- und Wissensbreite. Sein Selbstverständnis wird deutlich, wenn er auf die Teilbegriffe des Wortes Kunstgeschichte verweist. „Es ist“, sagt er, „unsere Aufgabe, Kunst in Sprache zu übersetzen“. Entsprechend forciert Demandt auch in Frankfurt noch einmal das immer wichtigere Thema Vermittlung. „Eingebettet in unsere innovative Kommunikation und Vermittlungsarbeit – analog wie digital“, formuliert er seinen Anspruch, „wollen wir möglichst viele Menschen erreichen und zur Beschäftigung mit der Kunst anregen – aber auch mit gesellschaftlichen Fragen früher wie heute.“

Bewusst setzt Demandt auf Gegensätze

Seit Oktober 2016 ist Philipp Demandt Direktor der Schirn Kunsthalle, des Museums Städel und des Liebighauses mit seiner umfassenden Skulpturensammlung. „Eine enorme Aufgabe“, sagt Demandt. Umso mehr, als der Schatten seines Vorgängers lang ist. Bis spät in das Jahr 2017 ist er für viele Medien „der Nachfolger von Max Hollein“. Und Demandt? Bleibt seiner Maxime der vorsichtigen Annäherung treu, nicht weniger seiner Freude an Impulsen der Öffnung und seinem Interesse an vordergründig gegensätzlichen Projekten. So etwa, als 2017 der bestens besuchten Schau „Magritte. Der Verrat der Bilder“ eine Ausstellung zum Werk des jung verstorbenen österreichischen Expressionisten Richard Gerstl (1883–1908) antwortet. Gerstls Schaffen fällt in eine Zeit, die Philipp Demandt „immer wieder neu“ interessiert – die Kunst zwischen 1900 und 1914.

„Was macht Kunst mit einer Gesellschaft?“

Immer schon aber bewegt Demandt auch das aktuelle Kunstschaffen. Wohl auch, weil sich die „entscheidende Fragestellung“ aus seiner Sicht nicht ändert: „Was macht Kunst mit einer Gesellschaft?“. „Power to the People“ heißt denn auch eine aktuelle Schau in der Schirn. Parallel zur großen Retrospektive zum Werk von Jean-Michel Basquiat zu sehen, versammelt „Power to the People“ „zeitgenössische künstlerische Positionen“, die sich „als Seismografen politischen Handelns lesen lassen“.

Doch weiter greift die Regie von Philipp Demandt aktuell aus – mit der spektakulären Rubens-Schau im Städel und einem international beachteten Dialog des südafrikanischen Objektkünstlers William Kentridge mit der Skulpturensammlung im Liebighaus. Da ist er wieder, dieser Anspruch, ein Haus in Bewegung zu bringen. Am besten mit und durch die Kunst. Ganz sicher wird Philipp Demandt darauf zu sprechen kommen – als Gast der Gesprächsreihe „Über Kunst“ am Donnerstag, 3. Mai, um 19.30 Uhr in der Staatsgalerie Stuttgart.

Philipp Demandt bei „Über Kunst“ – So können Sie dabei sein

„Über Kunst“ heißt eine Gesprächsreihe unserer Zeitung zur gesellschaftlichen Bedeutung von Kunst. „Nächster Gast ist am Donnerstag, 3. Mai, Philipp Demandt, Direktor der Kunstmuseums Städel, der Kunsthalle Schirn sowie des Liebighauses in Frankfurt am Main.

„Über Kunst“ findet statt in der Staatsgalerie Stuttgart (Vortragssaal im Stirlingbau). Beginn am Donnerstag, 3. Mai, ist um 19.30 Uhr. 200 Leserinnen und Leser können dabei sein. Der Eintritt ist frei.

Seien Sie dabei, wenn es bei „Über Kunst“ mit Philipp Demandt um die Rolle der Kunstmuseen und die Weiterentwicklung der Kunsthalle Schirn und des Kunstmuseums Städel sowie des Liebighauses geht.

Ihre Anmeldungen nehmen wir gerne entgegen – unter www.stn.de/galerie .