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Hauptversammlung von Chef Pinger lockt nur wenige Aktionäre – die schimpfen über laue Dividende.

Stuttgart - Nach mehreren schwachen Jahren verspricht der Chef der Stuttgarter Celesio wieder bessere Zeiten. „Wir wollen die langjährige negative Entwicklung so schnell wie möglich stoppen“, sagte Markus Pinger in seiner ersten Ansprache vor Celesio-Aktionären. Nach dem Übergangsjahr 2012 soll das Unternehmen von 2013 an eine jährliche Rendite von fünf Prozent erwirtschaften, die Geschäfte sollen laut Pinger jedes Jahr zwischen „fünf und zehn Prozent“ zulegen. Und zwar aus eigener Kraft, ohne Zukäufe.

Um das zu schaffen, räumt der seit neun Monaten amtierende Celesio-Chef kräftig um, die Firmentöchter Movianto und Pharmexx stehen ebenso zum Verkauf wie die Internet-Versandapotheke Doc Morris. Zudem hat Pinger Europas größtem Pharmagroßhändler ein Sparprogramm verordnet und in der Verwaltung Stellen abgebaut. Bis diese Maßnahmen greifen, werde es noch eine Weile dauern, sagte Pinger. „Dafür braucht dieses Unternehmen Ruhe und auch Ihr Vertrauen, das Vertrauen unserer Anteilseigner.“

Celesio gehört zu knapp 55 Prozent dem Duisburger Mischkonzern Haniel, der Rest der Anteile ist breit gestreut. Dennoch lockte das Treffen wenig mehr als 400 Aktionäre nach Stuttgart. Einige hatten allerdings viel zu sagen: „Sie reden viel von Vertrauen, ich sehe bisher aber nur leere Worthülsen“, wetterte Aktionär Mathias Gäbler. Kritik gab es unter anderem am tiefen Fall der Celesio-Aktie – von rund 50 Euro vor fünf Jahren sackte der Kurs auf teilweise unter zehn Euro ab. „Celesio war eine Perle, die Aktionäre sind damit reich geworden“, sagte ein Kleinanleger – „jetzt werden wir damit allerdings arm“. Zum niedrigen Börsenkurs von aktuell um die 12 Euro kommt eine gesunkene Dividende, diese sei „mehr als lau“, schimpfte Gäbler. Für 2011 erhalten die Anleger 25 Cent je Aktie, für 2008 schüttete Celesio 77 Cent, 2010 immerhin noch 50 Cent je Aktie aus. Allerdings hat das Unternehmen 2011 bei rund 23 Milliarden Euro Umsatz nur sechs Millionen Gewinn eingefahren, die Dividende wird aus der Portokasse finanziert. „Künftig streben wir wieder eine höhere Dividende an und können uns mittelfristig auch eine höhere Ausschüttungsquote vorstellen“, sagte Finanzchefin Marion Helmes. In den ersten drei Monaten 2012 fuhr Celesio wegen Abschreibungen auf das Pharmexx-Geschäft aber erst mal rund fünf Millionen Euro Verlust ein. Im Lauf des Jahres geht Helmes von weiteren Belastungen um die 20 Millionen Euro aus.

Celesio will sich ganz aufs Kerngeschäft – die Belieferung von Apotheken mit Medikamenten und den Betrieb von eigenen und Kooperations-Apotheken – konzentrieren und für die zum Verkauf stehenden drei Firmentöchter binnen zwölf Monaten Käufer finden. Pinger betonte allerdings, dass es dabei keine Eile gebe, „es gilt, den richtigen Investor zu finden“.

Verglichen damit geht der interne Umbau eilig vonstatten: Helmes ist wie Pinger neu an Bord, insgesamt haben in den vergangenen Monaten drei von vier Celesio-Vorständen gewechselt – was einen Aktionär dazu brachte, das Management mit „einem Taubenschlag“ zu vergleichen. Nicht nur in der Vorstandsriege herrscht Kommen und Gehen: Die Fluktuation betrug zuletzt über sieben Prozent, das ist mehr als doppelt so viel wie 2009. Allerdings lag die Fluktuation 2008 sogar bei über 12 Prozent. Nach Informationen aus Branchenkreisen findet Pingers Strategie nicht bei allen Beschäftigten Zustimmung, mehrere Führungskräfte aus dem mittleren Management sollen Celesio verlassen haben. Darunter auch Max Müller, bis vor kurzem Cheflobbyist in Berlin.

Einen Grund dafür sieht der ehemalige Mitarbeiter und Aktionär Franz Wallner in Spekulationen über eine Verlagerung von Celesio weg von Stuttgart. „Solche Informationen verunsichern die Mitarbeiter, warum lassen Sie das überhaupt aufkommen?“, fragte er. Ihn zumindest konnte Pinger beruhigen: „Wir wollen in Stuttgart bleiben“, betonte er mehrfach. Auch wenn Gäbler Pinger mit Fragen nach den Kosten für seinen S-Klasse-Dienstwagen und nach Wochenend-Flügen gen Berlin ein wenig zu viel Interesse an seinem Privatleben gezeigt hat.