Manches Gemächt im Museum ist wahrhaftig mächtig. Foto: Markus Kirchgessner

Im Phallus-Museum in Island steht Erotik eindeutig im Hintergrund. Hier geht es um Wissenschaft – und um Humor.

Reykjavik - 1974 bekam Sigurdur Hjartarson von netten Kollegen in Akranes, im Südwesten von Island, einen nicht ganz alltäglichen Scherzartikel geschenkt. Es war ein Walpenis. Das gute Stück des Wales mit der beachtlichen Größe von eineinhalb Metern taugte nicht unbedingt als Handschmeichler. Sigurdur fand das zunächst sperrige Präsent allerdings „wesentlich interessanter als eine Blaue Mauritius“. Und so kam der Geschichts- und Spanischlehrer Sigurdur, inspiriert durch den Scherz seiner Kollegen, zu den Wunderhörnern der Meeressäuger. Strandete an der Küste ein entschlafenes Meeresungetüm oder dessen Überreste, war Sigurdur zur Stelle. Die häufig einsetzende Erektion in der Stunde des Todes half dem Hobbypathologen bei der Bergung und dem Erhalt des enormen Meeressäugergenitals.

Jahre später, als Zwerg-, Pott-, Schweins- und Narwal- sowie Sattel-, Ringel- und Kegelrobbenpenisse in Gesellschaft vieler anderer Meeressäuger bereits gut eingelegt zu Hause bei Sigurdur strammstanden, gesellten sich Anhängsel von Landtieren dazu – von Ziege, Stier über Pferd bis Schaf. Spätestens da jedoch platzte das Familiendomizil aus allen Nähten – und Sigurdurs Frau der Kragen. Also eröffnete Sigurdur sein erstes Museum.

Auf der Bühne, die Sigurdur Hjartarson in der Zwischenzeit seinen mehr als 280 Exponaten in Form eines Museums errichtet hat, steht Erotik eindeutig im Hintergrund. Er erklärt die Phallologie in gleicher Weise zur Wissenschaft wie zur Kunst. Sie passen gut zueinander, befindet der Gründer des weltweit einzigen Phallus-Museums.

Handgeschnitzter Holzpenis als Portemonnaie

Obwohl jedes Exponat im Ausstellungskatalog knochentrocken und akribisch mit Zahlen, Daten, Familienverhältnissen und Todesursache des Anhangs dokumentiert ist, übertrifft das Phallological Museum of Reykjavík bei Weitem den Charme eines Heimatkundemuseums. Sigurdur empfiehlt dem Besucher als wichtigste Voraussetzung zum Eintritt Humor. „Ohne Sinn für Humor brauchen Sie da gar nicht reingehen“, sagt er, klappt einen handgeschnitzten Holzpenis der Länge nach auf und reicht aus seinem ausgehöhlten Inneren das Wechselgeld.

Weniger anmutig präsentiert sich auf einem Tischchen im Museum das bislang einzige Exponat eines Homo sapiens. Obgleich der werte Spender, ein Herr namens Póll Arasson, zu Lebzeiten ein Womanizer war und in einem Buch mindestens 300 Damen namentlich aufgeführt werden, die er im Beischlaf beglückt haben will, hat dessen bestes Stück das Formalin nicht so gut vertragen. Ein schrumpeliges Etwas ermuntert den Betrachter nicht wirklich, sich der Liste der zukünftigen edlen Spender hinzuzufügen. Sigurdur analysiert mögliche Fehler beim Einlegen: „Man hätte vielleicht dran ziehen sollen. Oder besser in Essig einlegen.“

In der Kiste neben der schrumpeligen Dreieinigkeit Arassons liegt ein etwa 40 Zentimeter langer, dicker Gummidildo. Dieser wurde einst Arasson im Rahmen einer TV-Show übergeben, damit die Welt eine Vorstellung habe, welch stolze Trophäe den Museumsbesucher nach Pólls Ableben erwarte. Póll zeigte sich damals zuversichtlich, die Erwartungen der Nachwelt sicherlich noch zu übertreffen. So kann man sich täuschen.

Als lang und kräftig wird das beste Stück angepriesen

In einer anderen Ecke findet man mindestens vier notariell beurkundete Spendeversprechen der menschlichen Art. Dabei erweisen sich die Deutschen als besonders großzügig, sie preisen auf schlechten Fotos ihr bestes Stück als extravagant lang, kräftig und formvollendet an. Wenn da nur mal beim späteren Einlegen nichts schiefgeht!

Im Dienste der Wissenschaft recken sich Penisse in Plexiglaszylindern, aufgestellt wie Felsformationen unterschiedlicher Höhe und Wucht, lose im Museum verteilt und ordentlich beschriftet. Damit der interessierte Besucher auch was lernen kann. Zum Beispiel, dass dem Menschen ein paar Knochen abgehen, die bei fast allen Säugern vorzufinden sind. Kaum einem Säuger fehlt ein Penisknochen – wesentlich zur Aufrechterhaltung einer bis zu halbstündigen Erektion. Wichtig, wenn das Weibchen schon mal fruchtbar und zur Stelle ist. Das brauchen die Menschen nicht, denn sie können es unter den Säugern vergleichsweise häufig treiben, auch mit Aussicht auf Erfolg.

Auch nach Jahren des Präparierens, und da er ja nun schon mal ein Museum hatte, blieb Sigurdur ein Sammler. Und er entwickelte sich zudem zum Bastler, der aus Holz allerlei Alltagsgegenstände herstellt, natürlich phallisch geformt. Man braucht diese Dinge nicht, schaut sie aber gerne amüsiert an.

Mehr Infos unter:

http:://phallus.is/de/