Im Weihnachtsgeschäft könnten Flüchtlinge zu einer wichtigen Stütze für Amazon werden. Foto: dpa

Der Versandriese Amazon setzt bei Neueinstellungen auch auf Flüchtlinge. Sie werden zu den gleichen Konditionen wie alle Mitarbeiter angestellt. Bislang sind noch wenige Flüchtlinge beschäftigt, doch bis zum Weihnachtsgeschäft könnten sich das ändern.

Stuttgart - Der Versandriese setzt bei Neueinstellungen verstärkt auf die Flüchtlinge, die seit letztem Jahr nach Deutschland gekommen sind. Im Pforzheimer Logistikzentrum des Onlinehändlers Amazon arbeiten etwa 1000 Menschen aus 64 unterschiedlichen Nationen, davon 70 Prozent unbefristet. Wie viele der Mitarbeiter mit Migrationshintergrund irgendwann einmal als Flüchtling nach Deutschland gekommen sind, ist nicht bekannt. Allerdings dürfte die kulturelle Vielfalt in den Hallen nahe der Autobahnabfahrt Pforzheim-Nord weiter zunehmen.

In der Amazon-Personalabteilung würden vermehrt Initiativbewerbungen von Menschen mit Flüchtlingsstatus eingehen, sagt ein Sprecher von Amazon Deutschland auf Nachfrage der Stuttgarter Zeitung. Man rekrutiere neues Personal aber überwiegend mit Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit (BA). Mit Hilfe der Behörde suchen auch immer mehr der Flüchtlinge, die in den vergangenen Monaten nach Baden-Württemberg gekommen sind, nach Arbeit. Nach jüngsten Angaben der BA-Regionaldirektion sind derzeit 20 000 Flüchtlinge als Kunden bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern im Südwesten gemeldet.

An anderen Standorten sind bereits mehr Flüchtlinge beschäftigt

Am Amazon-Standort Pforzheim wurden in diesem Jahr bisher „zehn Mitarbeiter mit Flüchtlingsstatus“ eingestellt, wie der Konzern in dieser Woche mitgeteilt hat. Anderenorts sind die Zahlen schon etwas höher: So hat der Konzern beispielsweise Anfang März 20 Flüchtlinge in seinem Logistikzentrum in Koblenz eingestellt. In Bad Hersfeld waren Flüchtlinge schon im Weihnachtsgeschäft 2015 als Saisonkräfte tätig. 38 von ihnen wurden danach in ein zunächst befristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen, weitere fünf machen eine Ausbildung.

Die Flüchtlinge würden zu den gleichen Bedingungen und Konditionen wie alle anderen Mitarbeiter angestellt, erklärt der Unternehmenssprecher. Es gebe nur zwei Zugangskriterien: die Arbeitserlaubnis müsse vorliegen und der Mitarbeiter sollte körperlich in der Lage sein, ein Gewicht von bis zu 15 Kilo zu heben. Ein Arbeitsvertrag werde zunächst befristet bis zum Ende des Jahres geschlossen, das Bruttomonatsgehalt betrage 1696,80 Euro. „Das bekommt jeder Versandmitarbeiter, der bei Amazon anfängt“, sagt der Sprecher. Zum Jahreswechsel entscheidet das Unternehmen dann, ob ein Mitarbeiter weiterbeschäftigt wird; und wenn ja, ob erneut befristet oder unbefristet.

Im vierten Quartal verdoppelt Amazon sein Versandpersonal nahezu

Die Flüchtlinge könnten in diesem Weihnachtsgeschäft zu einer wichtigen Stütze des Unternehmens in Deutschland werden. Jeweils im vierten Quartal des Jahres verdoppelt der Onlinehändler sein Personal in den bundesweit neun Versandzentren nahezu. Im vergangenen Jahr kamen zu den rund 11 000 festangestellten Mitarbeiten etwa 10 000 Saisonkräfte hinzu. Für 2016 rechnet der Konzernsprecher mit einer ähnlichen Größenordnung.

Die Besonderheit: Im vergangenen Jahr waren viele der Flüchtlinge, die ab dem Spätsommer in großer Zahl nach Deutschland gekommen sind, noch nicht arbeitsberechtigt. Das hat sich nun zum einen durch die längere Dauer ihres Aufenthaltes, aber auch durch bürokratische Erleichterungen geändert. „Teilweise sind sie bereits über sechs Monate in Deutschland, haben in ihrem Herkunftsland studiert oder einen Hochschulabschluss“, sagt der Sprecher.

Die deutsche Sprache ist für die Arbeit im Logistikzentrum nicht das entscheidende Zugangskriterium. „Manche der Mitarbeiter mit Flüchtlingsstatus sprechen gut Englisch, teilweise auch deutsch“, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns. Nichts desto trotz strebt der Arbeitgeber an, dass im Logistikzentrum Deutsch gesprochen wird. Seit diesem Jahr bietet Amazon seinen Beschäftigten mit Unterstützung der Industrie- und Handelskammer (IHK) kostenfreie Deutsch- und Englischkurse an. An den Deutschkursen nehmen nach Unternehmensangaben derzeit „110 Mitarbeiter freiwillig teil“. 40 Beschäftigte würden ihre Englischkenntnisse ausbauen.