Grüppchenweise durch den Ort: Die neue Remsecker Ampel soll die Anwohner der Remstalstraße vor Stau bewahren. Foto: factum/Granville

Eine Pförtnerampel, die den Verkehr nur noch portionsweise durch die Stadt lässt: Die Anwohner in der Neckarremser Remstalstraße sind zufrieden mit den ersten Wochen der neuen Anlage. Heftige Kritik kommt dagegen aus Waiblingen: Oberbürgermeister Andreas Hesky spricht von einer „Pseudolösung“ – und fordert den Nordostring.

Remseck - Mehr als 20 Minuten für gerade einmal drei Kilometer Fahrt: Diese Schreckensvorstellung hatten viele Autofahrer auf der Strecke zwischen Waiblingen-Hegnach und dem Remsecker Stadtteil Neckarrems, nachdem im August auf dieser Hauptverbindungsachse des Rems-Murr-Kreises mit dem Kreis Ludwigsburg eine neue Ampel installiert wurde. Nun zeigt sich: Die Befürchtungen haben sich, zumindest in den ersten Wochen, nicht bewahrheitet. Ein Verkehrskollaps ist bisher ausgeblieben.

Stattdessen sind vor allem die Anwohner in der Remsecker Remstalstraße zufrieden. Auch die Stadtverwaltung und das Ludwigsburger Landratsamt sehen den Bau der Ampel, die den täglichen Stau aus Neckarrems holen und auf das freie Feld vor dem Ort verschieben soll, positiv.

Anwohner bedanken sich in einem Brief

Aus seiner Sicht sei die neue Anlage gut angelaufen, sagt der Erste Bürgermeister Remsecks, Karl-Heinz Balzer. Der Stau habe sich, wie erwartet, vor den Ort verlagert, zwischen den Häusern gebe es hingegen weniger Autoschlangen als früher. Da aber nicht weniger Fahrzeuge die Strecke täglich nutzten, habe sich der Stau nicht aufgelöst, erklärt Balzer – er sei aber auch nicht mehr geworden. Nichts anderes als die Verlagerung sei das Ziel der Ampel gewesen. „Für den Verkehrsteilnehmer ist es egal, wo er steht“, meint Balzer.

Unterstützung erhält das Rathaus aus der Remstalstraße. Einige Anwohner haben sich mit einem Dankesschreiben an den Oberbürgermeister Dirk Schönberger gewandt. Sowohl die neue Ampel wie auch das parallel eingeführte Tempo-30-Limit würden eine „sehr, sehr große Verbesserung“ darstellen, heißt es in einem Brief. Endlich könne man nachts wieder durchschlafen, tagsüber lüften und „wie normale Menschen“ aus den Parkplätzen herausfahren.

Das Landratsamt, dessen Verkehrsbehörde für den Bau und die aufwendige Installation verantwortlich war, spricht ebenfalls von „positiven Erfahrungen“. Wegen der Sommerferien und einer Baustelle in Hegnach sei es für ein echtes Fazit aber zu früh, man wolle noch mehr Erfahrungen sammeln, gerade in den Spitzenzeiten des Berufsverkehrs.

Denn genau diese Spitzenzeiten sind weiterhin das Problem: Pendler berichten frühmorgens und in den Abendstunden von langen Wartezeiten vor der neuen Ampel, teilweise müsse man bis zu fünf Signalphasen stehen. Und, was noch schwerer wiegt: Die Strecke innerhalb von Neckarrems, die eigentlich durch die Ampel vom stehenden Verkehr befreit werden sollte, sei zur Rushhour nach wie vor eine Stehzone. Das muss auch Karl-Heinz Balzer eingestehen, wenngleich er sagt: „Zu den meisten Zeiten gibt es in der Remstalstraße keinen Stau.“ Entscheidend ist dieses Detail vor allem, weil die stehenden Fahrzeuge in der Ortsmitte die Schadstoffwerte über die Grenzwerte trieben. Das Stuttgarter Regierungspräsidium musste deshalb einen Luftreinhalteplan aufstellen. Ein konkreter Punkt dieses Plans war ein Tempo-30-Limit in der Remstalstraße, ein anderer die neue Ampel.

„Keine Lösung, auf die man stolz sein kann“

Kritik kommt aber nicht nur von den Pendlern – rund 15 000 Fahrer täglich nutzen die zweispurige Straße – sondern auch von Waiblingens Oberbürgermeister Andreas Hesky. Zwar reiche der Stau auch durch die Verlagerung nicht bis in den Waiblinger Ortsteil Hegnach, wie vor dem Bau befürchtet. Allerdings habe die Ampel auch keine positiven Auswirkungen auf die „leidige Situation der Verbindung der Wirtschaftsräume Ludwigsburg und Waiblingen“, meint Hesky (Freie Wähler). In Remseck mag es aus seiner Sicht zwar Verbesserungen geben, doch noch immer würden sich auch in der Remstalstraße zeitweise die Fahrzeuge stauen. „Es ist nicht so, dass die Dosierampel es schafft, dass kein stehender Verkehr mehr in der Ortsmitte vorhanden ist“, sagt Hesky.

Weitaus schärfer kritisiert der Waiblinger Rathauschef die politische Dimension der Anlage: Es sei eine „Pseudolösung“, die geschaffen wurde, da das Land den Nordostring nicht bauen wolle. Die Ampel verhindere weder die Verschmutzung der Umwelt noch verbessere sie den Verkehrsfluss. „Die Ampel vor dem Ort ist keine Lösung, die man exportieren und auf die man stolz sein kann“, meint Hesky und sieht die Verantwortlichen in Stuttgart. Die Landesregierung habe keinen Mut zu bekennen, dass der Verkehr da sei und man Straßen brauche, „um ihn zu verflüssigen“.

Aus Sicht des Oberbürgermeisters hilft gegen die Schadstoffbelastung in Remseck keine Ampel, die das Problem an eine andere Stelle mitten in der Natur schiebt, „sondern nur eine neue Straße“.