Noch ist sie dunkel: Eine neue Ampel soll den ewigen Stau in Neckarrems auflösen – verlagert ihn aber nur vor den Ort. Foto: factum/Granville

In Remseck geht eine Anlage in Betrieb, die den Stau durch den Stadtteil Neckarrems auflösen soll – indem sie ihn einfach vor die Ortsgrenze schiebt. Die Anwohner hoffen auf bessere Luft – Pendler befürchten dagegen ein Chaos.

Remseck - Es dürfte sich schon jetzt um eine der berühmtesten Ampeln im Kreis Ludwigsburg handeln – und das, obwohl sie noch nicht einmal funktioniert: Kommende Woche geht in der Remsecker Remstalstraße eine neue Signalanlage in Betrieb, die im Vorfeld großen politischen Wirbel verursacht hat – und an der sich weiterhin die Geister scheiden.

Während die Anwohner auf weniger Stau vor ihren Häusern und weniger Abgase hoffen, befürchten Pendler, die zu Tausenden die Strecke jeden Tag nutzen, kilometerlange Staus oder gar einen Verkehrskollaps auf der Verbindungsroute zwischen den Ballungsräumen Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) und Ludwigsburg. Konkret soll die Ampel Autos und Lastwagen nur noch in Gruppen und mit Tempo 30 durch den Stadtteil Neckarrems fahren lassen, damit im Ort keine Autoschlangen mehr sind, wie das bisher täglich der Fall ist. Dafür sollen die Autofahrer aus Richtung Waiblingen jenseits des Ortsschilds auf Grün warten – dort verpesten sie nicht die städtische Luft. In der Remstalstraße sind die Grenzwerte für Schadstoffe schon seit Jahren überschritten.

Achteinhalb Monate Vorlauf für neue Ampel

Wie schwierig diese Aufgabe auf einer zweispurigen Straße mit rund 15 000 Fahrzeugen täglich ist, zeigt der Vorlauf, den die Ingenieure für die Installation der Ampel gebraucht haben: Mit gut einem halben Jahr rechnete das Stuttgarter Regierungspräsidium (RP), als es Ende 2016 einen Luftreinhalteplan für Remseck erließ. Doch erst jetzt, nach knapp achteinhalb Monaten, geht das Licht auch wirklich an.

Die komplexe Computersteuerung habe den Ingenieuren zu schaffen gemacht, teilt das Landratsamt mit. Schließlich müssten gleich drei viel befahrene Kreuzungen in nächster Nähe berücksichtigt werden. Nicht nur die Remstalstraße ist ein Nadelöhr: Vor allem die anschließende Neckarbrücke ist mit täglich rund 35 000 Fahrzeugen, darunter viele Lastwagen, heillos überlastet. Auch vor ihr staut sich der Verkehr werktags lange. Läuft nun alles nach Plan, soll innerhalb des Ortes künftig eine „grüne Welle“ sein. Die Fahrer müssten also nicht mehr an anderen Kreuzungen anhalten. Erst, wenn ein Autopulk durch das Gebiet geschleust wurde, dürfen die nächsten Wagen einfahren. Das RP erhofft sich so, die Schadstoffwerte zu senken und seiner gesetzlichen Pflicht nachzukommen.

„Es dürfte zu einer Verbesserung des Verkehrsflusses zwischen Rathauskreuzung und Ortsausgang kommen“, heißt es aus dem Landratsamt, das die Ampel im Auftrag der Landesbehörde aufstellt. Dass sich die Autos dafür künftig einfach wenige Hundert Meter weiter, auf der Strecke nach Waiblingen-Hegnach stauen werden, ist ein offenes Geheimnis – doch eine Verbesserung des Verkehrsflusses dort „sei nicht Ziel“ der Ampel gewesen, heißt es aus der Kreisbehörde. Kurz gesagt: Problem verschoben, Problem gelöst.

Besonders betroffen von dem zu erwartenden Stau ist Waiblingen mit seinem Teilort Hegnach. Im Rathaus geht man gleichwohl davon aus, dass die Autoschlange nicht so lang sein werde, dass Hegnach unter neuem Stau leiden würde, sagt der Fachbereichsleiter für Stadtplanung, Patrik Henschel. Andernfalls müsse die Ampelsteuerung verändert werden.

Künftig Tempo 30 in der Remstalstraße

Karl-Heinz Balzer, der Erste Bürgermeister in Remseck, kündigt Gespräche mit den Nachbarn an, für den Fall, dass die neue Ampel den Berufsverkehr tatsächlich ins Chaos steuert. „Notfalls muss man korrigieren“, sagt Balzer. Jetzt habe aber der Luftreinhalteplan für seine Stadt Vorrang. Froh ist Balzer vor allem über die neuen Tempo-30-Schilder, die parallel zu der Ampel aufgestellt werden. „Die Bürger sehen, dass was passiert.“

Ungetrübt war die Freude in Remseck über den Luftreinhalteplan zuletzt aber nicht. Ursprünglich hatte das RP statt der umstrittenen Ampel ein Fahrverbot für Lastwagen mit einem Gewicht von mehr als 7,5 Tonnen angekündigt – nur, um es im vergangenen Jahr nach Druck der Nachbarkommunen wieder einzukassieren. Aus Remseck folgte ein entsetzter Aufschrei, der Gemeinderat formulierte einstimmig ein Protestnote gegen den Kurswechsel, der aber keine rechtliche Wirkung hat.

Seither setzt man in Stuttgart auf die Ampel und die Blockabfertigung. Die volle Auswirkung wird aber wohl erst nach den Sommerferien erkennbar sein, wenn wieder tausende Berufspendler in Remseck über den Neckar fahren wollen.